Lauterbach warnt vor "unkontrolliertem Krankenhaussterben"

Im Rahmen der umstrittenen Krankenhausreform warnte Gesundheitsminister Karl Lauterbach vor einem "unkontrolliertem Krankenhaussterben", 25 Prozent der Kliniken stünden ohne Reform vor dem Aus. Bei den Beratungen mit den Ländern konnte man sich am Donnerstag jedoch noch nicht endgültig einigen.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat im Vorfeld der Beratungen über die umstrittene Krankenhausreform die Dringlichkeit der Pläne betont. Gegenüber dem Boulevard-Blatt Bild warnte er:

"Wir stehen am Beginn eines unkontrollierten Krankenhaussterbens. Ohne die Reform würden wohl 25 Prozent der Krankenhäuser sterben."

Auf die Tatsache, dass er noch 2019 gefordert hatte, man solle "in Deutschland mindestens jede dritte, eigentlich jede zweite Klinik schließen", ging Lauterbach jedoch nicht ein.

Von der derzeitigen Reform seien deutschlandweit 1.719 Kliniken in Deutschland betroffen, teilte Lauterbach weiterhin dem Morgenmagazin der ARD mit.

"Wir werden Kliniken verlieren, aber ohne die Reform verlieren wir viel mehr und unsystematisch. (...) Wir müssen aus dem Hamsterrad heraus, dass Kliniken Fälle über Fälle machen."

Dem Gesundheitsminister zufolge soll der ökonomische Druck auf die Krankenhäuser wegfallen, diese sollen der Reform nach künftig nicht mehr nur über Fallzahlen finanziert werden. Lauterbach könne sich vorstellen, die Vergütung der Krankenhäuser für die Daseinsvorsorge zu 60 Prozent über Vorhaltepauschalen zu garantieren. Der Rest könne dann abhängig von der Fallmenge finanziert werden. Die Spezialisierung helfe den Kliniken beim Überleben, behauptete Lauterbach. Im ländlichen Raum bedeute das "möglicherweise eine längere Anfahrt für eine Knie- oder Hüftoperation", dafür aber ein "besseres Ergebnis".

Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) forderte Lauterbach im Vorfeld erneut auf, seine Reformpläne zu überarbeiten. Die Länder müssten selbst entscheiden können, welche Versorgung wo stattfindet, alles andere sei "verfassungswidrig". Es dürfe nicht sein, dass "am grünen Tisch in der Berliner Blase" über die Krankenhäuser vor Ort entschieden werde. Gerade in Flächenländern wie Bayern sehe er die wohnortnahe Versorgung durch die aktuellen Vorschläge der Reform gefährdet.

Beim heutigen Treffen von Lauterbach mit den Gesundheitsministern der Länder konnte jedoch, anders als vom SPD-Politiker behauptet, keine Einigung erzielt werden. Zu Beginn der anschließenden Pressekonferenz sprach Lauterbach zunächst von einem "Durchbruch". Fast zeitgleich trat Holetschek vor die Kameras und machte deutlich, dass es mit ihm so schnell keine Einigung geben werde. Die Gespräche seien zwar "überraschend konstruktiv" verlaufen, dennoch könne man der Reform in der jetzigen Form nicht zustimmen.

Auch nach dem Treffen herrschte Unklarheit, in welchen Details sich die Länder nicht einig wurden. Im Wesentlichen verhandelte Lauterbach mit den Ländern über die Einstufung der einzelnen Kliniken. Diese reicht von der wohnortnahen Grundversorgung über Zwischenstufen bis hin zu Maximalversorgern wie Universitätskliniken. Um den Ländern entgegenzukommen, sollen die Einstufungen kein Finanzierungskriterium mehr sein. Hintergrund des Entgegenkommens war die Sorge, dass sonst Kliniken von Geldern abgeschnitten würden, obwohl diese in den ländlichen Regionen gebraucht werden. Die Einstufungen sollen weiterhin vom Bund verwendet werden, allerdings keine Konsequenzen mehr für die Kliniken haben.

Den Plänen zufolge sollen die Kliniken nun über bundeseinheitliche Leistungsgruppen finanziert werden – also nach Kriterien, die Kliniken erfüllen müssen, um bestimmte Operationen mit der gesetzlichen Krankenversicherung abzurechnen. Die Leistungsgruppen sollen demnach zusammen mit den Ländern erstellt werden, die Länder müssen diesen dann auch zustimmen. Ausnahmeregelungen soll es für Einrichtungen in ländlichen Regionen geben.

In den Kliniken kam es nach dem Treffen der Gesundheitsminister zu deutlicher Kritik, da noch keine endgültigen Ergebnisse erzielt wurden. Die Vorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft Henriette Neumeyer erklärte am Donnerstag:

"Die Ergebnisse lassen befürchten, dass viele bedarfsnotwendige Krankenhäuser die Reform gar nicht mehr erleben werden. Sie werden schon vorher durch eine politisch unterlassene Hilfeleistung in die Insolvenz gehen."

Die Inflation und die Nachwirkungen der Corona-Krise setzten den Krankenhäusern wirtschaftlich massiv zu.

"Hinzu kommen die zu erwartenden und notwendigen hohen Tarifabschlüsse und Unsicherheiten zur anstehenden großen Krankenhausreform. Leider haben es Bund und Länder erneut versäumt, sich auf ein Vorschaltgesetz zu einigen, das den Kliniken wirtschaftliche Sicherheit geben könnte."

Nun drohen weiterhin enorme Versorgungseinschränkungen durch Krankenhausinsolvenzen und -schließungen.

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