Aktuelle Daten einer Studie der KKH Kaufmännischen Krankenkasse belegen, dass in Deutschland ärztlich diagnostizierte Essstörungen wie Anorexie (Magersucht), Bulimie (Ess-Brech-Sucht) und Binge-Eating (Essattacken) weiter bedenklich zunehmen. So soll es vor allem bei 12- bis 17-jährigen Mädchen und Frauen laut der Studie zwischen 2020 und 2021 zu einem massiven Anstieg von über 30 Prozent gekommen sein.
Als Ausgangspunkt des hauptsächlichen Grundes dieser Krankheitsbilder wird dabei die schwierige Situation der jungen Menschen in der Corona-Krise genannt. Ausgehend von den unbedachten Maßnahmenvorgaben der Politik – wie unter anderem Homeschooling durch Schul- und Universitätsschließungen, Lockdown, Sportverbote – kam es zu einem Stressanstieg durch erhöhten Medienkonsum und damit verbundenen "Influencer-Einflüssen". Die KKH informiert:
"Laut Auswertung sind vor allem Frauen betroffen – bei den 18- bis 29-Jährigen ist deren Anteil mit rund 88 Prozent am höchsten. Essstörungen beginnen oft in der Pubertät oder im frühen Erwachsenenalter und damit in einer besonders sensiblen Lebensphase. Mittlerweile leiden 17 von 1.000 Frauen im Alter von zwölf bis 17 Jahren an einer diagnostizierten Essstörung, bei den 18- bis 29-Jährigen sind es sogar 20 von 1.000."
2021 litten 17,6 von 1.000 Menschen in dem Alter an einer Essstörung, ein Jahr zuvor waren es 13,4 und im Vor-Corona-Jahr 2019 noch 12,9 von 1.000 Jugendlichen, wie aus den Daten der KKH in Hannover hervorgeht. Wesentliche Rolle spielen beliebte Social-Media-Plattformen wie TikTok oder Instagram. Die dort vorzufindenden Videos vermitteln dabei ein "unrealistisches und gefährliches Körperideal" für die verunsicherten und empfänglichen Kinder und vor allem jungen Frauen. KKH-Psychologin Franziska Klemm erläutert diesbezüglich:
"Solche Vorbilder können die Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben und auch dem eigenen Körper forcieren. Das kann die Entwicklung eines gestörten Essverhaltens begünstigen, vor allem, wenn Jugendliche bereits unter psychischen Problemen leiden oder einen geringen Selbstwert haben."
Am 21. April präsentierte der maßgeblich mitverantwortliche Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die schockierenden Folgen einer skrupellosen Politik in den Corona-Jahren. So würden mehr als 70 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter Nachwirkungen der Corona-Maßnahmen leiden, so das Ergebnis einer Arbeitsgruppe aus mehreren Ministerien. Die Tagesschau fasste Lauterbachs neueste Erkenntnisse wie folgt zusammen:
"Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sagte im Parlament, viele Kinder und Jugendliche litten unter psychischen Störungen. Ihre Gesundheit sei schlechter geworden. Schulschließungen und andere Corona-Maßnahmen bezeichnete der SPD-Politiker erneut als 'zum Teil zu streng'. 'Von allen, die Opfer erbracht haben in der Pandemie, haben die Kinder die meisten Opfer erbracht', sagte Lauterbach. Sie hätten 'unter den Maßnahmen gelitten'."
Die drei Jahre lang anhaltende psychische Dauerbelastung in der Corona-Krise habe die vielfältigen Gründe für Essstörungen, von traumatischen Erlebnissen wie Missbrauch über familiäre Konflikte bis hin zu Leistungsdruck und Mobbing, manifestiert, so die KKH-Studie. In den jeweiligen Lockdownphasen fehlte der in der Entwicklung wichtige Realitätsbezug zum Leben, ein Austausch unter Gleichaltrigen. Dadurch hätten Kinder und Jugendliche sich als Ausgleich zum eingeschränkten Alltagsleben stärker mit den sozialen Medien beschäftigt. Die KKH-Psychologin erklärt:
"In den Lockdownphasen fehlte ihnen vor allem der Realitätsbezug und somit auch der Vergleich, wie Freunde und Mitschüler im echten Leben ohne Filter aussehen. Das sind alles haltgebende Strukturen, die vor allem in der Pubertät wichtig sind."
Der reale Austausch untereinander und ein geregelter Alltag seien den Beschränkungen der Pandemie zum Opfer gefallen. Kinder und Jugendliche hätten unter anderem versucht, "den Kontrollverlust zu kompensieren, indem sie sich selbst kontrollieren, zum Beispiel mit Diäten und Sport". Diese Form von Selbstdisziplinierung führte dann im Extremfall zu den gefährlichen Essstörungen.
Essstörungen seien nach Angaben der Krankenversicherung "nach wie vor ein vor allem weibliches Phänomen". So sei zwischen 2020 und 2021 "der Anteil der jungen Frauen unter den betroffenen 12- bis 17-Jährigen von 75,7 Prozent auf 78,9 Prozent gestiegen, in den meisten anderen Altersgruppen liege der Anteil über 80 Prozent". Bezüglich des "Social Media-Verhaltens" sei " für Mädchen zudem die eigene Wirkung im Netz wichtiger als für Jungen".
Die Corona-Zeit wirkte sich dabei jedoch auch negativ auf das Verhalten junger Männer aus. In der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen sei der Anstieg bei den Essstörungen hier höher gewesen. So registrierte die Krankenversicherung bei den Männern dieses Alters im Jahr 2021 ein Plus von 18,7 Prozent, bei den Frauen waren es 12,4 Prozent.
Die KKH-Studie warnt eindringlich, dass Bulimie und Magersucht "schwere psychische Erkrankungen, die mit Angststörungen, Depressionen oder Sucht einhergingen", darstellen. Die Dunkelziffer für Essstörungen sei hoch und könnte unbehandelt tödlich enden.
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