Katja Kipping, frühere Bundestagsabgeordnete und Ko-Parteivorsitzende der Linkspartei, hat einmal mehr, diesmal im Gespräch mit dem sozialdemokratisch dominierten Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), von ihrer Partei gefordert, die Position zur NATO zu überdenken.
Die Berliner Senatorin, zuständig für "Integration, Arbeit und Soziales", die ihren Posten räumen muss, wenn nicht die Berliner SPD-Basis doch noch einen Strich durch die Koalitionspläne macht und im April einen neuen Senat aus CDU und SPD verhindern sollte. Angesichts dieser Unwägbarkeiten erscheint Kippings politische Zukunft gegenwärtig noch ungewiss.
Allerdings mahnt die Noch-Senatorin eine Neubestimmung der Haltung zur NATO in der Linkspartei an. Die bisher NATO-kritische Position der LINKEN stellte in der Vergangenheit auf bundespolitischer Ebene einen unüberbrückbaren Konfliktpunkt für mögliche Koalitionsverhandlungen dar. Potenzielle Regierungspartner wie SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben längst ihren Frieden mit der NATO gemacht – und machen dies zur Voraussetzung für Koalitionsgespräche mit der LINKEN auf Bundesebene. Doch die Linkspartei zeigte sich bislang unwillig, "Auslandseinsätzen" der Bundeswehr zuzustimmen. Dass Kipping Änderungen auf diesem Feld herbeiführen will, begründet sie so:
"Eine linke Partei auf der Höhe der Zeit hat eine Zukunft. Hilfreich dafür wären einige programmatische Entscheidungen. Unsere Programmaussage zur NATO ist von der Zeit überholt."
Offenbar als Beruhigung für Parteimitglieder und Wähler gemeint, fügt die Sozialsenatorin hinzu: "Wir müssen jetzt keine NATO-Fans werden, aber das bisher Formulierte müssen wir aktualisieren."
Weiter heißt es bei Kipping beschwichtigend, die Linkspartei solle auch künftig eine "Kraft gegen Aufrüstung und Militarisierung" sein.
Was den NATO-Stellvertreterkrieg in der Ukraine angeht, erklärt Kipping gegenüber dem RND, bereits anschlussfähig an aktuelle Berliner Regierungspositionen:
"Es muss aber dabei klar sein, dass der Ruf nach Verhandlungen nicht unter der Hand eine Komplizenschaft mit Putin ist. Hier darf es keine Zweideutigkeiten geben. Linke sind an der Seite der Angegriffenen und das ist in dem Fall die Ukraine."
Diese Forderung Kippings ist keineswegs die erste ihrer Art. So hatte sie in jüngerer Zeit anlässlich der von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer Ende Februar 2023 organisierten Friedenskundgebung am Brandenburger Tor in der ZDF-Sendung Lanz ganz ähnlich kritisiert, die Forderung der Linkspartei, die NATO durch ein kollektives Sicherheitssystem in Europa unter Einschluss Russlands zu ersetzen, betrachte sie als "aus der Zeit gefallen". Dazu hatte sie erklärt:
"Die Tragik dieser Zeit ist, dass eigentlich die NATO als Militärbündnis sich gefühlt erledigt hatte. Selbst führende Präsidenten haben gesagt, die ist erledigt. Und die größte PR-Maschine dafür hat Wladimir Putin gestartet."
Und am 20. März hatte Kipping per Twitter im Zusammenhang mit der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine – vor einem Jahr war am früheren Berliner Flughafen Tegel ein "Ukraine-Ankunftszentrum eröffnet worden – verlautbart:
"Unsere Solidarität mit den geflüchteten Menschen aus der Ukraine ist eine klare Botschaft an das Regime Putins: Wir stehen an der Seite der Menschen, die angegriffen wurden."
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