Kanada hat sie, Schweden hatte sie, die Mongolei hat sie angeblich: die feministische Außenpolitik. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock war der Begriff so wichtig, dass er sogar im Koalitionsvertrag steht. Nun gibt es nach über einem Jahr ein Konzept.
Ein besonders großer Wurf war es nicht, das wusste auch die Außenministerin. Den anwesenden Journalisten sagte sie, dass Schulze und sie keine Revolution ausrufen, sondern eine Selbstverständlichkeit tun würden:
"Nämlich, dass wir auch in der Außen- und in der Entwicklungspolitik dafür sorgen, dass wir mit unserer Politik alle Menschen erreichen."
Mit den erarbeiteten Leitlinien setze man nur um, so Baerbock, was im Grundgesetz und in der Erklärung der Menschenrechte stehe: Gleichberechtigung. Die Leitlinien seien folgende:
Feministische Außenpolitik zieht sich durch alle Bereiche außenpolitischen Handelns.
Feministische Außenpolitik ist ein pragmatischer Ansatz, der sich mit den realen Problemen von Frauen, aber auch Alten, Kindern und Behinderten beschäftigt.
Feministische Außenpolitik heißt gendersensibler Einsatz von Mitteln.
Feministische Außenpolitik ist auch eine Leitlinie nach innen. Mehr Repräsentanz, mehr weibliche Botschafter im Auswärtigen Amt.
Revolutionär sind die Leitlinien eindeutig nicht, sie sind nicht einmal neu. Wozu genau braucht es feministische Außenpolitik, könnte man fragen. "Wir wollen Gesellschaften gerechter machen", sagte Entwicklungsministerin Schulze, "da kann man nicht auf die Hälfte des Potenzials, nämlich auf die Frauen, verzichten. " Feminismus ist kein Zauberstab. Wir sind nicht naiv", so Baerbock.
Also, was ist feministische Außenpolitik?
Es ist sicher kein Zufall, dass sich Baerbock die Entwicklungsministerin für ihr Konzept mit ins Boot geholt hat. Denn tatsächlich liegen die Beispiele für feministische Außenpolitik vor allem in der Entwicklungsarbeit, abgesehen von einer angestrebten höheren Frauenquote für das Auswärtige Amt, und sind bereits in der Umsetzung. Als ein Beispiel wird die Frage des Landkaufs in Nepal genannt, wo Frauen, das Land, das sie bestellen, auch selbst besitzen können müssen.
Ein weiteres Beispiel ist der Bau eines Dorfes in Nigeria. Bei der Planung des Baus von Sanitäranlagen müssten die Perspektiven aller Dorfbewohner bedacht werden. So könne man die Sanitäranlagen eines Dorfes aufgrund ihres üblen Geruchs an den Rand des Dorfes bauen. Oder man könne die Perspektiven von Frauen und Kindern einbeziehen, die ein Interesse an Sicherheit haben, und die Sanitäranlagen im Dorf bauen. Man kennt sie schließlich, die Männer, die Frau und Kind lieber von Hyänen fressen lassen, als das Klo zu putzen.
Was feministische Außenpolitik ist oder was sie an der bisherigen deutschen Außenpolitik ändern soll, bleibt auch nach der Pressekonferenz unklar. Was Baerbock und Schulze als feministische Außenpolitik präsentierten, klang eher nach Förderung von Gleichstellung. Das klingt aber womöglich nicht radikal genug.
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