Die sogenannte "rbb-Affäre" rund um die fraglichen Aktivitäten der mittlerweile geschassten Intendantin Patricia Schlesinger zieht weitere Kreise und schadet möglicherweise dem Ansehen der Partei Bündnis 90/Die Grünen im Bemühen, bei der Wahlwiederholung am 12. Februar ein gutes Ergebnis zu erzielen. Laut Recherchen und vorliegenden Unterlagen der Webseite Business Insider (BI) zeigen sich Auffälligkeiten rund um die Schaffensphase der Wirtschaftssenatorin der Hauptstadt in den Jahren 2016 und 2017. Dies war zum damaligen Zeitpunkt Ramona Pop von der Partei Bündnis 90/Die Grünen.
Pop war von November 2001 bis Dezember 2021 Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses. Für die Berlin-Wahl im September 2016 stand sie als Spitzenkandidatin auf Platz Eins der Landesliste. Laut ihrer Biografie auf der Seite des Bundesrats war Pop ab 2016 bis 2021 unter Michael Müller (SPD) Bürgermeisterin von Amts wegen und Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe des Landes Berlin. Zudem war sie jedoch auch Verwaltungsratsvorsitzende der Investitionsbank Berlin sowie Aufsichtsratsmitglied bei "Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie" und der Messe Berlin (verantwortlich für die Internationale Funkausstellung und die Internationale Grüne Woche).
Erste Auffälligkeit im Rückblick: Eigentlich dürfen Mitglieder des Senats nicht dem Aufsichtsrat eines auf Gewinn ausgerichteten Unternehmens angehören. In einer Pressemitteilung der Senatskanzlei vom 21. Dezember 2016 heißt es demnach:
"Der Senat hat heute beschlossen, für die Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe, Ramona Pop, eine Ausnahme nach dem Senatorengesetz für die Übernahme eines Mandats als Aufsichtsratsmitglied bei der Messe Berlin zuzulassen."
Pop war damit Aufsichtsratskollegin des ebenfalls in der "rbb-Affäre" mittlerweile entlassenen rbb-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf, "dem einstigen Strippenzieher des öffentlich-rechtlichen Senders", so Business Insider. Der erhielt wiederum seine Beförderung und damit den gut dotierten Posten im April 2017, im Anschluss an die explizit ausgesprochene Empfehlung der damaligen Wirtschaftssenatorin Ramona Pop. Zu möglichen Gründen der Beförderung Wolffs heißt es in dem Artikel von Business Insider:
"Mitarbeiter der Wirtschaftsverwaltung erinnern sich aber, dass Wolf und Pop damals regelmäßig Kontakt hatten und Wolf häufig ein 'väterliches Auftreten' gegenüber der jungen Grünen-Politikerin zeigte."
Der damalige Lebensgefährte von Ramona Pop hieß Bernhard Schodrowski und scheiterte laut BI-Artikel nach der Berlin-Wahl 2016, einen Job als Regierungssprecher im Roten Rathaus abzuschöpfen. Wenige Wochen, nachdem der "väterliche Freund" Wolf an die Spitze des Messe-Aufsichtsrats aufgerückt war, vermittelte dieser dann nach Informationen von Business Insider Bernhard Schodrowski für eine Beratertätigkeit an die rbb-Spitze, also an Patricia Schlesinger. Dazu heißt es im BI-Artikel:
"Wie aus internen Akten des öffentlich-rechtlichen Senders hervorgeht, tauschte sich Schodrowski im Mai 2017 mit der rbb-Intendantin über eine Zusammenarbeit aus. Der Lebensgefährte der Wirtschaftssenatorin schlug Schlesinger laut internen Dokumenten vor, sie für einen Tagessatz von 1.000 Euro mit wichtigen Persönlichkeiten der Hauptstadt zu vernetzen."
Die genaue Dauer einer kooperativen Zusammenarbeit blieb demnach jedoch offen. Zudem blieb es "bei einer mündlichen Vereinbarung", da es laut dem Artikel "ein Beratervertrag zu dem Vorgang in den Akten des rbb nicht gibt". Nachweislich vermittelte jedoch Schodrowski "ab Juni 2017 einzelne Treffen zum Frühstück oder Mittagessen mit der Lokalprominenz". Nach Informationen von Business Insider rechnete Schodrowski "in einzelnen Monaten bis zu 4.000 Euro ab". Insgesamt soll der Sender "fast 15.000 Euro bis Dezember 2017 – ohne einen schriftlichen Beratervertrag" überwiesen haben. Abschließend heißt es auffällig im Ereignis:
"Wenige Wochen, bevor der rbb die diskrete Zusammenarbeit mit Schodrowski plötzlich beendete und weitere Vermittlungsangebote ablehnte, trennte sich Pop von ihrem langjährigen Lebensgefährten."
Bernhard Schodrowski wurde noch im Jahr 2017 Bereichsleiter und Pressesprecher Kommunikation, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) in Berlin. Ab 1. Juli 2022, nach Ausscheiden aus der Berliner Landespolitik, übernahm Ramona Pop den Vorsitz der Verbraucherzentrale des Bundesverbands. Bezüglich einer schriftlichen Anfrage von Business Insider reagierte Pop:
"Die heutige Verbraucherschützerin sagt, sie 'erinnere sich nicht, einen solchen Beratervertrag gekannt zu haben' und könne daher den Vorgang nicht weiter bewerten. Allerdings betont sie: 'Ich habe meine Position zu keinem Zeitpunkt ausgenutzt, um anderen Vorteile zu verschaffen'".
Der BI-Artikel wurde am 3. Februar frühmorgens veröffentlicht. Bis zum späten Vormittag des Tages gab es in der finalen Wahlkampfphase bis auf einen Beitrag der B.Z. keinerlei Resonanz der Berliner Lokalpresse und des Sender rbb auf die Vorwürfe gegenüber dem ehemaligen Senats- und Parteimitglied von Bündnis 90/Die Grünen.
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