Wie lange liegt das Jahr 2021 zurück? Sind es gefühlte zehn Jahre? Oder scheint es doch, als wäre es gestern gewesen, als Bürger wegen ihrer Entscheidung gegen die Corona-Impfung von Staat, Medien und Mitbürgern gegängelt und ausgegrenzt wurden? Wird 2020 jemals enden? Der Ausnahmezustand in Deutschland läuft aus. Gerade erst wurde die Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr aufgehoben. Politiker können auf einmal eingestehen, dass während der Pandemie "Fehler" gemacht wurden; vereinzelt, versteht sich. Kalkül, um die Scherben der Pandemiepolitik möglichst frei von Konsequenzen unter den Teppich zu kehren?
Dabei wäre jetzt die Zeit für Aufklärung, wie ein Fall vor dem Landgericht Bochum zeigt. Vor über einem Jahr wurde gegen den Mediziner Heinrich H. und seine Ehefrau wegen des Verdachts auf Verstoß gegen "§ 74 Abs. 2 Infektionsschutzgesetz, des gewerbsmäßigen Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse, der Sachbeschädigung und anderer Delikte" ermittelt. Acht Monate lang saß H. in Untersuchungshaft. Am 12. Januar 2023 begann der Prozess.
Die Anklage
Konkret wirft die Staatsanwaltschaft dem 66-Jährigen vor, zwischen Juni 2021 und Januar 2022 gewerbsmäßig falsche Corona-Impfbescheinigungen ausgestellt zu haben. H.s 56-jährige Ehefrau, die in der Praxis ihres Mannes als Sprechstundenhilfe arbeitete, soll ihn unterstützt haben. 12.647 Euro sollen sie in Form von Spenden erhalten haben. Zudem soll H. Corona-Impfstoff in 22 Fällen zerstört haben.
Nur etwas früher als H.s Fall waren Anfang 2022 auch Ermittlungen gegen einen Arzt in der bayerischen Stadt Wemding publik geworden. Auch hier sollen falsche Angaben in Impfpässen gemacht und Scheinimpfungen durchgeführt worden sein. Die Wohnungen von mehr als 100 Personen wurden in dem Zusammenhang durchsucht, gegen die Betroffenen Verfahren wegen Beihilfe eingeleitet. Über 20.000 gefälschte Impfpässe waren Anfang 2022 laut dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) in Deutschland sichergestellt worden.
H. selbst sitzt seit dem 15. Mai 2022 in Untersuchungshaft. Erst am 12. November erhob die Staatsanwaltschaft Bochum Anklage wegen "Ausstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse" in 589 Fällen. Insgesamt 23 Verhandlungstermine wurden bis Ende März angesetzt. Im Höchstfall drohen H. fünf Jahre Gefängnis. Laut Medienberichten sind bereits mehrere Patienten H.s zu Geldstrafen verurteilt worden. Weitere Verfahren sollen noch laufen.
Entgegen eines Medienberichts ist H. nicht "Naturmediziner" (Bild). 1956 geboren, hatte H. 1976 bis 1978 zunächst eine Ausbildung zum Reserveoffizier absolviert. An die hatte er eine dreijährige Krankenpflegeausbildung angeschlossen. 1981 bis 1987 war ein Studium der Humanmedizin an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster gefolgt. Nach Anstellungen in verschiedenen Krankenhäusern hatte sich H. 1992 mit einer Praxis als Allgemeinmediziner niedergelassen. Während dieser Tätigkeit als Kassenarzt hatte sich H. auf verschiedenen alternativmedizinischen Feldern weitergebildet. Ab 2002 arbeitete H. als Privatarzt mit Schwerpunkt Naturheilverfahren.
Geständnis unter Tränen
Ebenfalls falsch war die Behauptung in einem Medienbericht, H. habe Impfpässe gefälscht (Focus). Richtig ist, dass H. als zur Impfung berechtigter Arzt in den Impfpässen seiner Patienten wissentlich falsche Angaben machte, wie er am 26. Januar 2023 in einem Geständnis vor Gericht aussagte. Die knapp 600 Fälle, von denen in mehreren Medienberichten die Rede ist, sind lediglich die von der Staatsanwaltschaft ermittelten. Wie Christian Moser, Anwalt für Steuerstrafrecht und Prozesszuschauer, mitteilte, sollen es rund 6.000 Personen gewesen sein, deren in H.s Praxis beschlagnahme Akten dem Landgericht Bochum vorliegen, für die H. falsche Angaben gemacht haben könnte.
Moser gehört dem Verein "Anwälte für Aufklärung" an, den er mit weiteren Juristen als Reaktion auf die Pandemie-Maßnahmen gründete. An den Verhandlungstagen, an denen er bislang als Zuschauer anwesend war, hatte er Gelegenheit, persönlich mit dem Beschuldigten, seinem Verteidiger und Personen aus dem Umfeld von H. zu Gespräche zu führen. Seine bisherigen Eindrücke fasste Moser auf seinem Telegram-Kanal zusammen.
So war Moser auch Zeuge des Geständnisses, das H. nach der Erklärung seines Verteidiger teilweise unter Tränen verlas. In seinem Geständnis, das er offenbar im Gefängnis handschriftlich verfasst hatte, bekannte er sich vor der Richterin schuldig und gab zu, als Arzt im Sinne der Anklage unverantwortlich gehandelt zu haben. Gleichzeitig beschrieb H., in welcher Situation er gehandelt habe. Die Personen, die sich an ihn als Arzt gewandt hatten, hätten dies aus Verzweiflung und aufgrund des hohen gesellschaftlichen Drucks getan, sich impfen zu lassen, obwohl sie das nicht wollten. Teilweise unter Tränen hätten sie H. um seine Hilfe gebeten.
Dass es an dem Verhandlungstag emotional herging, beschreibt auch Jens Schneeweiß von der Bürgerinitiative und Wählergemeinschaft WIR2020. Auch er wohnte als Zuschauer mehreren Verhandlungstagen bei. Laut Schneeweiß löste H.s Geständnis unter den Zuschauern vernehmbar Betroffenheit aus. Aus Schneeweiß' Sicht hat H. während der Verhandlung in seinem dünnen Kapuzenpullover "geschunden" und "mitgenommen" ausgesehen. Die Staatsanwältin, Dr. Nina Linnenbank, beschreibt Schneeweiß dagegen als "sehr engagiert" und "motiviert".
Weiter sagte H. aus, dass er im Gespräch mit Kollegen verstanden habe, wie verunsichert andere Ärzte in ihrem Vorgehen bezüglich der Impfung waren. Als einer von wenigen Ärzte in der Region habe er damals über den Impfstoff von Johnson & Johnson verfügt. Zunächst wäre dies der Grund gewesen, dass ihn Patienten aufgesucht hatten. Denn mit dem Impfstoff mit Johnson & Johnson hatte man die Impfung nach nur einem Mal hinter sich.
Später hätten auch Personen H. aufgesucht, die sich, z. B. aufgrund schwerer Vorerkrankungen, nicht impfen lassen wollten, aber auf einen Impfnachweis angewiesen waren. Einmal sei eine junge Mutter zu ihm gekommen. Sie habe ihm gesagt, dass sie gerade ihr Kind geboren habe. Nach einer Erledigung außerhalb des Krankenhauses habe man sie ohne Impfausweis nun nicht zurück zu ihrem Kind gelassen. Eine andere Frau sei zu ihm gekommen, nachdem der 18-jährige Mitschüler ihres Sohnes einen Tag nach der Impfung gestorben sei. In anderen Fällen, erklärte H., habe er Menschen helfen wollen, die ohne einen Impfnachweise ihre Arbeit verloren hätten.
H. betonte, wie wichtig es ihm gewesen sei, auf die Wünsche seiner Patienten einzugehen. Das höchste Gut für ihn sei das Vertrauensverhältnis zu seinen Patienten. Ob die Menschen, die sich an H. gewandt hatten, dem Arzt in jedem Fall die Wahrheit gesagt hatten, lässt sich an dieser Stelle nicht beurteilen. Dafür müssten die entsprechenden Personen selbst vor Gericht aussagen. Als sicher kann aber gelten, dass H.s Patienten Angst vor unbekannten oder der Öffentlichkeit verschwiegenen möglichen Impfnebenwirkungen hatten, vor denen 2021 nur alternative Medien gewarnt hatten. Ohne Not hätte vermutlich keiner von H.s Patienten, und auch H. selbst nicht, Grund gehabt, sich oder andere strafbar zu machen.
Die Spendenbox
H.s Frau erklärte in ihrer Aussage, sie habe Anfang August 2021 mitbekommen, dass ihr Mann bei Patienten mit schweren Krankheiten Impfbescheinigungen ohne Impfung ausgestellt hatte. Später sei der Andrang in der Praxis zeitweise so groß gewesen, dass man weder Anrufe entgegennehmen noch weitere Termine hatte vergeben können. Patienten ohne Termin habe man wegschicken müssen. Um den Andrang zu bewältigen, habe ihr Mann sogar eine 450-Euro-Aushilfe für die Buchhaltung sowie eine Praktikantin angestellt. Auch H.s Ehefrau sagte aus, dass die Patienten, die für den falschen Stempel im Impfpass zu ihnen gekommen waren, unter starkem Druck gestanden hätten. Sie und ihr Mann hätten ihnen helfen wollen.
Die Spendenbox, in der insgesamt über 12.000 Euro gelandet waren, habe es, so H., in seiner Praxis schon vor der Pandemie in Form einer Kaffeekasse gegeben. Als der Andrang größer wurde, habe er sie nach hinten gestellt. Sein normaler Praxisbetrieb sei in der Zeit vollständig zum Erliegen gekommen. Er habe nie Geld verlangt, betonte H., die Patienten hätten es freiwillig gegeben. Keine der Impfungen habe H. bei der Kasse oder privat abgerechnet. Zu Hochzeiten seien 200 bis 250 Euro am Tag in der Spendenbox gelandet. Mit dem Geld aus der Spendenbox, sagte H.s Frau, habe sie Impfpässe, Mittagessen und Büromaterial gekauft. Kontoeinzahlungen hätten sie aus Angst, ihr Vorgehen könnte auffallen, nicht getätigt.
12.000 Euro klingen nach viel Geld. Falls die Richterin die Erwerbsmäßigkeit von H.s Handeln feststellen würde, wäre das laut Moser ein Grund, den Strafrahmen auf das Maximum zu erhöhen. Doch Moser bezweifelt, dass H. durch die Annahme von Spenden tatsächlich "gewerbsmäßig" gehandelt hatte, wie es die Staatsanwaltschaft dem Arzt vorwirft. Bei 600 Fällen, die vor Gericht stehen, bis zu 6.000 Fällen, die als "falsche" Patienten H.s in Frage kämen, beliefe sich eine Spende durchschnittlich auf einen Wert zwischen 2,10 Euro und 21 Euro, Einnahmen, die im Vergleich zum normalen Praxisbetrieb "defizitär" sein mussten, so Moser. Von einer "erheblichen Einkunftsquelle" als Voraussetzung für Gewerblichkeit könne daher keine Rede sein.
Zum Vergleich: Für jede Corona-Impfung, die ein Arzt in Deutschland verabreichte, erhielt er an Werktagen 28 Euro, am Wochenende und an Feiertagen 36 Euro. Im Schnitt konnte sich ein Arzt so pro Monat 5.040 Euro zusätzlich verdienen. Impfärzte in den Impfzentren erhielten einen Stundenlohn zwischen 150 Euro und 175 Euro. Wer fleißig war und an 20 Arbeitstagen im Monat impfte und boosterte, konnte Einnahmen zwischen 24.000 und 30.000 Euro brutto erzielen und sich auf Kosten der Steuerzahler eine goldene Nadel verdienen.
Und "echte" gefälschte Impfpässe waren 2021 für circa 200 Euro pro Stück gehandelt worden. Demnach sieht es nicht danach aus, dass H. und seine Frau eine Möglichkeit genutzt hätten, Geld mit falschen Impfpässen zu verdienen, geschweige denn, dass sie dafür die nötige kriminelle Energie gehabt hätten. Vielmehr scheint es, dass sich H.s "Arbeit" herumgesprochen und bald die Nachfrage das Angebot bestimmt hatte. Spätestens an dieser Stelle drängt sich die Frage auf, inwiefern die Notlage seiner Patienten H.s Handeln sogar rechtfertigen würde, wie auch Rechtsanwalt Moser kommentiert.
In dem Zusammenhang könne Moser daher nicht verstehen, weshalb H., vermutlich aus prozesstaktischen Gründen, seine Verantwortungslosigkeit als Arzt wiederholt eingestand, dem es bei seinem rechtswidrigen Verhalten um die Anerkennung durch seine Patienten gegangen sei. Wie passt eine solche Erklärung zu den Nöten, die H.s Patienten hatten, und zu dem moralischen Konflikt, in dem sich H. offensichtlich befand? Quid leges sine moribus vanae proficiunt? Was nützen Gesetze, wenn sie ohne Moral hohl sind? Erkennbaren Schaden fügte H. niemandem zu. So erschüttert aber, wie sich H. während der Verhandlung laut Moser zeigte, müssen die achtmonatige Untersuchungshaft, die bereits hinter ihm gelegen hatte, sowie die drohende mehrjährige Gefängnisstrafe eine starke Wirkung auf den Arzt gehabt haben. Mit anderen Worten: Durch die Untersuchungshaft hat man H. gebrochen.
H.s Patienten sagen aus
Die Aussagen der Patienten H.s, die als Zeugen geladen waren, deckten sich mit dem Geständnis des Arztes. So sagte ein Zeuge aus, dass er eigentlich wegen eines Rückenleidens zu H. gekommen sei. Da man aber ohne Impfung aber am sozialen Leben nicht mehr hatte teilnehmen können, habe er sich zudem von H. impfen lassen wollen. Nach einem Beratungsgespräch, in dem ihn H. über die möglichen Nebenwirkungen der Corona-Impfung aufgeklärt habe, hatte sich der Zeuge gegen die Impfung entschieden. Mit seinem Einverständnis soll H. dessen minderjährigem Sohn eine Spritze mit Kochsalzlösung verabreicht haben, was der Sohn nicht wusste.
Ein weiterer Zeuge sagte aus, er sei wegen des Impfstoffs von Johnson & Johnson zu H. gekommen. Zu diesem Schritt habe er sich entschieden, nachdem er sich zwei Monate lang dem gesellschaftlichen Test- und Impfdruck ausgesetzt gesehen hatte. Als nicht Geimpfter habe er immer "laufen", also vor der Arbeit auf dem Weg zur nächsten Teststation weite Strecken zu Fuß zurücklegen müssen. Nach der falschen Impfung habe er H. 20 Euro auf den Tisch gelegt – als Dankeschön. Ein anderer Zeuge sei aufgrund des medialen Drucks für eine Scheinimpfung zu H. gekommen. Unaufgefordert habe er 100 Euro in H.s Spendendose gelegt, was ihm wie eine faire Summe vorkam. Wegen des psychischen Effekts sei es ihm wichtig gewesen, eine Kochsalzlösung injiziert zu bekommen. So habe man "etwas" bekommen und in der Hinsicht nicht lügen müssen.
Eine Zeugin sagte aus, dass die Pandemie ihr psychisch stark zugesetzt und sie Angst vor der Impfung gehabt habe. Während und nach der Hausdurchsuchung habe die Polizei sie unter Druck gesetzt. Die Kinder der Frau seien zwei Stunden lang im Schlafzimmer eingesperrt worden. Die Polizisten hätten ihr bei ihrer Aussage falsche Worte in den Mund gelegt.
Die Gefahr, in die sich H. und seine Frau mit ihrem Handeln brachten, muss H. bewusst gewesen sein. So soll er laut der Staatsanwältin seinen Patienten einen Zettel gereicht haben, auf dem gestanden habe, dass sie nicht reden sollten, es könne sein, dass man abgehört werde. H.s Mitarbeiter bestätigte gegenüber der Staatsanwaltschaft H.s Angst, von der Polizei überwacht zu werden.
Laut der Aussage einer Polizeikommissarin, die an der Durchsuchung von H.s Räumlichkeiten beteiligt gewesen war, war H.s Praxis in der Tat observiert worden. H. sei angeblich in das Visier der Fahnder geraten, weil auffällig gewesen sei, wie viele Personen mit Impfpässen in der Hand seine Praxis verließen. Schlüssig klingt die Erklärung nicht gerade. Wahrscheinlicher scheint, dass die Polizei auf dem gleichen Weg von H.s Praxis erfuhr wie seine Patienten – weil es sich herumgesprochen hatte. Entweder hatte ihn also jemand der Polizei gemeldet, oder die Polizei hatte ihn auf eigene Initiative gefunden, indem sie Impfgegner, z. B. in den sozialen Medien, bespitzelte.
Mehrere der geladenen Zeugen erschienen zur Verhandlung nicht oder verweigerten die Aussage, weil sie in einem anderen Verfahren beschuldigt werden. In Gesprächen während der Verhandlungspausen erfuhr der Prozesszuschauer Schneeweiß, dass sich H. mit der Zeit einen treuen Stamm an Patienten hatte aufbauen können, die großes Vertrauen seine Fähigkeiten als Arzt gehabt hatten. So sei es H. gelungen, Impfschäden, etwa infolge einer Zeckenimpfung, zu heilen. H.s Ehefrau bestätigte die Fähigkeiten ihres Mannes in ihrer Aussage vor Gericht. Ihr Mann sei Arzt aus Leidenschaft und habe mit alternativen Methoden bereits vielen Personen geholfen, die mit ihrem Krankheitsbild bei Schulmedizinern bereits aufgegeben hätten.
Erörterungsgespräch zwischen H.s Anwalt und der Richterin
Wie die Richterin laut Moser einmal erwähnte, hatte zwischen dem Gericht und der Verteidigung im Vorfeld der Verhandlung ein Erörterungsgespräch stattgefunden. Im persönlichen Gespräch mit dem Beschuldigten und seinem Anwalt erfuhr Moser, was das Angebot der Richterin konkret enthalten hatte. So sollte H. ein Geständnis ablegen und könnte dafür mit einer Freiheitsstrafe von drei bis dreieinhalb Jahren – ohne Bewährung – rechnen. H.s Ehefrau würde im Fall eines Geständnisses eine Bewährungsstrafe zwischen zwölf und 14 Monaten sowie 150 Sozialstunden erhalten.
Wie gut dieser Deal für H. wäre, steht für Moser in Frage. Ohne gewerbliches Handeln würde das Strafmaß maximal zwei Jahre ohne Bewährung betragen, mit gewerblichem Handeln fünf Jahre. Unabhängig davon würde H. durch seine Verurteilung mit Sicherheit seine Approbation bei der Ärztekammer verlieren. Am Verhandlungstag am Mittwoch verkündete das Gericht aber: Der Deal sei geplatzt.
Noch am Dienstag soll die Richterin entschieden haben, die Beweisaufnahme fortzusetzen, da noch nicht klar sei, ab welchem Zeitpunkt genau H. mit den falschen Impfungen begonnen habe. Unklar war offenbar auch, ab wann H. ausschließlich falsche Impfungen verabreicht hatte. Verteidigung und Gericht hatten sich wohl im Vorfeld auf August 2021 geeinigt. Dann sagte H. aber aus, dass er auch noch im August echte Impfungen verabreicht habe – entgegen der Angabe in seinem Geständnis. Sicher sei nur, dass es eine Woche vor der Razzia keine echten Impfungen mehr gegeben habe. Richtig sei, dass H. ab August nicht mehr individuell auf eine Vorerkrankung bei seinen Patienten geachtet hatte, bevor er den falschen Eintrag im Impfpass machte. Auf diese Aussage hin soll die Richterin von der Absprache zurückgetreten sein.
Der Grund: Wenn es ab August überhaupt keine echten Impfungen durch H. mehr gegeben hätte, wäre der Fall auch für die angeklagten Patienten klar gewesen. Andernfalls müssten die betreffenden Fälle näher untersucht werden. Für einige von H.s Patienten ordnete das Gericht bereits die Entnahme von Blutproben an, um sie auf Spike-Antikörper und Nukleocapsid-Antikörper zu prüfen, die es nach einer Impfung geben soll. Anscheinend kam der Deal vonseiten des Gerichts deshalb zustande, um sich den Mehraufwand zu sparen. Laut dem Prozesszuschauer Schneeweiß endete am Mittwoch die Hauptverhandlung auf Wunsch von H.s Anwalt. Der nächste Verhandlungstermin ist am 6. Februar um 9 Uhr.
Ein Arzt mit Gewissen, ein spätes Opfer der Pandemie?
Was laut den Prozesszuschauern Moser und Schneeweiß bislang überhaupt nicht verhandelt wurde, ist offenbar der politische und mediale Druck, unter dem H., seine Frau und die Patienten gestanden hatten. Als Arzt hätte es sich H. leicht machen können, wie es die meisten deutschen Ärzte getan hatten, indem sie sich die Taschen mit Steuergeld vollgemacht und ihre Patienten womöglich nicht einmal über die möglichen Nebenwirkungen der Impfung aufgeklärt hatten. Ein solcher Fall wird seit dem 13. Januar 2023 vor dem Landgericht Heilbronn untersucht. H. hatte dies nicht getan, sondern an die Not seiner Patienten gedacht.
Aber hatten eigentlich die Patienten an die Not ihres Arztes gedacht? Die Patienten erwartet im Fall ihrer Verurteilung "nur" eine Geldstrafe. H. drohen aktuell bis zu fünf Jahre Haft. An der Stelle muss die Frage erlaubt sein, ob es H. gewesen war, der verantwortungslos gehandelt hatte, oder ob es nicht doch die Patienten gewesen waren, die zu ihm gekommen waren, damit er das Gesetz breche. Ihnen fiel, nachdem sie von H. das falsche Zertifikat erhalten hatten, mit Sicherheit ein Stein vom Herzen, und sie durften nun die Vorteile einer "Impfung" genießen. Hatten die 20 Euro gereicht, um sich ein reines Gewissen zu erkaufen? Hatten sie an die Gefahr gedachte, der sich H. für sie ausgesetzt hatte? An das Strafmaß im schlimmsten Fall? Wenn H.s Fall eines zeigt, dann, dass es keine echte Lösung sein kann, sich unter gesellschaftlichen Missständen wegzuducken, wie es sie durch die Pandemie-Politik besonders gegeben hatte.
Doch um erneut H.s Handeln in ein Verhältnis zu setzen: Wie viele der von den Gesundheitsministerin Jens Spahn und Karl Lauterbach bestellten Impfdosen wurden vernichtet? Wie viel Steuergeld erhielten die Pharmakonzerne für Impfungen, die kaum Nutzen brachten? Wie viele Ärzte führten Impfungen ohne vorherige Aufklärung durch? Wer bemisst den sozialen Schaden, den der politisch-mediale Druck verursachte? Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass an Fällen wie H. einer für die Sünden einer ganzen Gesellschaft gerichtet wird. Doch: Nullum crimen, nulla poena sine lege. Kein Verbrechen und keine Strafe ohne Gesetz.
Dass man für Fälle wie den von H. lieber weiterhin blind ist, zeigt, dass es sich beim vereinzelten Eingeständnis von "Fehlern" während der Pandemie vermutlich um Krokodilstränen handelt. Abgesehen von ein paar Meldungen war von H.s Fall bislang wenig zu lesen. Warum sollte man sich auch unnötig mit den eigenen Opfern beschmutzen? Hohe Erwartungen sollte man hier besser nicht haben.
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