Weil er Schüler von der Maskenpflicht befreien wollte: Gericht suspendiert Weimarer Familienrichter

Unliebsamer Richterspruch: Knapp zwei Jahre nach seinem "Masken-Urteil" muss ein Richter aus Weimar sein Amt räumen. Darüber hinaus verfolgt die deutsche Justiz ihn strafrechtlich. Er und mehrere Gutachter mussten bereits Hausdurchsuchungen über sich ergehen lassen.

Eine Analyse von Susan Bonath

Masken, Tests, Abstand, kaum funktionierendes Homeschooling: Kinder gängelte der Staat besonders hart mit Corona-Regeln, obwohl sie von der Krankheit am wenigsten betroffen waren. Darunter litt die Psyche vieler Minderjähriger schwer. Überfüllte Kinder- und Jugendpsychiatrien mit langen Warteschlangen sind das Resultat. Doch wer die Gefahr schon damals sah, hatte keine Chance. Selbst für die Justiz zählte das Kindeswohl nicht mehr. Ein Familienrichter aus Weimar, der sich 2021 darauf berief, muss deshalb nun sein Amt räumen.

Das entschied das Richterdienstgericht am Landgericht Meiningen, wie unter anderem der MDR Thüringen berichtete. Der seines Amtes enthobene Betroffene Christian Dettmar kann dagegen vor den Dienstgerichtshof am Oberlandesgericht Thüringen ziehen. Doch im Zuge offensichtlich spezieller Corona-Justiz sind seine Aussichten auf Erfolg eher schlecht. Und: Ein Strafverfahren wegen angeblicher "Rechtsbeugung" ist weiterhin am Landgericht Erfurt gegen ihn anhängig.

Der Staatsdoktrin widersprochen

Dettmar hatte im April 2021 die Klage einer Mutter zweier Kinder, acht und 14 Jahre alt, verhandelt. Sie sah das Wohl ihres Nachwuchses durch den Zwang gefährdet, den ganzen Schultag lang eine Maske zu tragen. Statt wie viele andere Gerichte schlicht die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) wiederzugeben, hakte Dettmar nach. Er hörte Sachverständige vom Fach, die der Regierungslinie widersprachen und ordnete einstweilig an: Die Schulen dürften die Kinder nicht zum Maskentragen zwingen. Denn der Schaden dieser Maßnahme überwiege höchstwahrscheinlich den Nutzen für die jungen Betroffenen.

Dem Familienrichter war sicher bewusst, dass er damit der staatlich auferlegten Corona-Doktrin widersprach. Mit so einem Gegenwind hatte er vermutlich dann doch nicht gerechnet. Medien zerrissen sein Urteil als "Skandal", ihn selbst als "Maskengegner" oder gar "Corona-Leugner". Das Thüringer Bildungsministerium griff ein und reagierte mit einer Beschwerde. Das Oberlandesgericht hob seinen Beschluss umgehend auf.

Kindeswohl spielt keine Rolle

Sogar die Staatsanwaltschaft Erfurt wurde tätig. Nicht nur Dettmars private und dienstliche Räume ließ sie gleich zweimal durchsuchen, sondern auch die von Zeugen und sachverständigen Gutachtern. Schließlich erhob sie Anklage gegen ihn.

Demnach habe der Richter zum einen seine Kompetenzen überschritten. Denn die Maskenpflicht in Schulen sei Bestandteil eines behördlichen Erlasses gewesen. Dafür seien nicht Familien-, sondern Verwaltungsgerichte zuständig. Kritiker widersprachen dem: Sieht ein Familienrichter das Wohl von Kindern gefährdet, müsse er sogar zwingend tätig werden, so deren Argument. Juristisch schwierig sei nur die Tatsache, dass er seine Anordnung auf die gesamte Schule und alle Kinder ausgedehnt habe.

Auch andere Vorwürfe wären zu beweisen. So glaubt die Staatsanwaltschaft Erfurt, Richter Dettmar habe aktiv nach Eltern gesucht, die die Maskenpflicht in Schulen kritisch sahen. Zudem soll er die Sachverständigen gezielt nach seinen eigenen Maßstäben ausgesucht haben. Offenbar darf ein Richter keine eigenen Vorstellungen von Kindeswohl haben, jedenfalls nicht in der Causa Corona.

Justiz im Verfolgungseifer

Ein derart hartes Vorgehen gegen eigentlich unabhängige Richter ist bisher einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik. Und Dettmar ist nicht der einzige, den es im Zusammenhang mit Corona-Maßnahmen an den Kragen geht. Reihenweise verfolgt die Justiz bis heute Ärzte, die angeblich "falsche" Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht ausgestellt hatten. Ihnen drohen Geld- und Haftstrafen sowie Berufsverbote.

Eine Ärztin aus Weinheim beispielsweise soll sogar zwei Jahre und neun Monate ins Gefängnis, 28.000 Euro Strafe zahlen und drei Jahre lang nicht praktizieren dürfen. Ein Arzt aus dem Bodenseekreis wurde zu knapp 25.000 Euro Strafe verdonnert. Auch einen Passauer Arzt wollte die Staatsanwaltschaft im Gefängnis sehen. Er kam schließlich mit einer einjährigen Bewährungsstrafe und einer Geldauflage von 50.000 Euro davon.

Unbelegte Wirkung, nie untersuchte Risiken

Just etwas fehlt bis heute: Ein wissenschaftlicher Beleg für die konkrete Wirksamkeit der Maskenpflicht, sei es in den Schulen, im Supermarkt oder im öffentlichen Verkehr. Die Corona-Zahlen waren in Ländern ohne Maskenpflicht kaum anders als in Deutschland, in Einzelfällen sogar niedriger. Der Expertenrat der Bundesregierung schrieb vor einem guten halben Jahr, dass schlecht sitzende Masken "einen verminderten bis gar keinen Effekt" hätten.

Von schlecht sitzenden Masken ist schon beim Alltagsgebrauch durch Erwachsene auszugehen. Erst recht muss das bei Kindern angenommen werden. Eine Schule oder ein Bus ist kein Operationssaal und kein Labor, und Achtjährige sind keine kleinen Chirurgen.

Mehr noch: Auch eine Schadensanalyse und folgend eine Risiko-Nutzen-Abwägung wurde niemals vorgelegt – weder für Erwachsene noch Kinder. Das ist ein echter Skandal. Selbst das RKI führt zu den lange Zeit in Verkehrsmitteln angeordneten FFP2-Masken aus:

"FFP2-Masken kamen bisher zweckbestimmt und zielgerichtet im Rahmen des Arbeitsschutzes zum Einsatz. Daher wurden außerhalb des Gesundheitswesens noch keine Untersuchungen zu den gesundheitlichen, gegebenenfalls auch langfristigen Auswirkungen ihrer Anwendung (z. B. bei Risikogruppen oder Kindern) durchgeführt. In Untersuchungen mit Gesundheitspersonal wurden Nebenwirkungen wie z. B. Atembeschwerden oder Gesichtsdermatitis infolge abschließenden Dichtsitzes beschrieben."

Weiter heißt es dort: Bei ihrer Anwendung durch Laien im Alltag müsse "grundsätzlich die individuelle gesundheitliche Eignung geprüft und sichergestellt" werden. Und: Negative gesundheitliche Auswirkungen seien insbesondere bei Menschen mit eingeschränkter Lungenfunktion oder älteren Personen "nicht auszuschließen". Sie sollten "möglichst ärztlich begleitet werden".

Dazu dürften auch Kinder mit einem geringeren Lungenvolumen als Erwachsene gehören. Doch nichts ist geschehen. Mit anderen Worten: Es gibt bis heute keinerlei Untersuchungen zu den Risiken von Masken physischer oder psychischer Natur, schon gar nicht bei Kindern. Trotzdem wurden sie dazu gezwungen. Und trotzdem werden Richter und Ärzte verfolgt, die ein mögliches Risiko nicht eingehen wollten.

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