CDU-Chef Friedrich Merz hat die Bundesregierung aufgefordert, abgelehnte Asylbewerber konsequenter abzuschieben. "Die Bundesregierung hat den Bürgern eine Rückführungsoffensive versprochen. Die gibt es bisher nicht", bemängelte der CDU-Politiker am Mittwoch im Gespräch mit der Rheinischen Post. Merz verwies in diesem Zusammenhang auf ein im Sommer erhobenes Lagebild von Bund und Ländern, wonach sich hierzulande derzeit immer noch rund 300.000 Menschen aufhielten, die eigentlich zur Ausreise verpflichtet seien – doppelt so viele wie noch vor sieben Jahren.
"Da muss sich etwas ändern."
Die meisten dieser Menschen stammen demnach aus dem Irak, Syrien, Afghanistan und Nigeria. Darunter seien jedoch auch viele sogenannte "Geduldete", bei denen die Behörden Gründe sehen, die einer kurzfristigen Abschiebung entgegenstehen – etwa fehlende Ausweispapiere – weshalb Rückführungen zumeist scheitern. Für manche Staaten, darunter Syrien und Afghanistan, gilt momentan zudem ein Abschiebestopp. Freiwillig reisten dem Bund-Länder-Bericht zufolge im vergangenen Jahr lediglich rund 13.000 Menschen aus, ungefähr 22.000 Menschen wurden von den Behörden abgeschoben. Im ersten Halbjahr 2022 wurden knapp 6.000 ausreisepflichtige Ausländer in ihre jeweiligen Heimatländer zurückgeführt.
Gleichzeitig ist die Zahl der hierzulande Asylsuchenden zuletzt wieder angestiegen, wie aus dem Oktoberbericht des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hervorgeht. Allein bis Oktober gingen bei der Behörde fast 160.000 Erstanträge von Asylsuchenden ein – 38,9 Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor. Deutschland sei schon längst ein Einwanderungsland, "und wir brauchen viele Menschen, die bei uns arbeiten wollen", erklärte der CDU-Chef. Er betonte aber auch, dass die Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber Einwanderern, "die wir ja brauchen", nur dann erhalten werden könne, wenn beides getan werde: gezielte Einwanderung in den Arbeitsmarkt und Rückführung derer, die in Deutschland keine Perspektive haben.
Seine Aussagen tätigte Merz in Zusammenhang mit der Debatte um das sogenannte Chancen-Aufenthaltsrecht der Ampelkoalition, über das am Freitag im Bundestag abgestimmt werden soll. Mit dem Gesetz soll gut integrierten "Geduldeten" eine Perspektive auf einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland gegeben werden, wenn diese bereits seit fünf Jahren im Land leben. Doch das Reformvorhaben der Ampelkoalition sorgt für Aufregung – vor allem in den Reihen der Union. So wird von CDU und CSU vor allem kritisiert, dass auch Ausreisepflichtige von dem Chancen-Aufenthaltsrecht profitieren würden, die sich jahrelang geweigert hätten, bei der Klärung ihrer Identität mitzuhelfen.
So kündigten 19 CDU-Politiker in einer gemeinsamen Stellungnahme bereits an, sich bei der für Freitag geplanten Abstimmung enthalten zu wollen. Man begrüße demnach zwar grundsätzlich, dass für langjährig geduldete Geflüchtete eine Perspektive geschaffen werde, erklärten die Politiker. Die geplante Verkürzung der Voraufenthaltszeiten halte man allerdings für falsch. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem der stellvertretende Union-Fraktionschef Hermann Gröhe, Armin Laschet, die frühere nordrhein-westfälische Integrationsstaatssekretärin Serap Güler und Annette Widmann-Mauz. Vor allem Merz soll sich laut Fraktionskreisen zuvor für ein klares Signal der Ablehnung der Ampel-Pläne starkgemacht haben.
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