Arrogant oder souverän? Bundeskanzler Scholz gibt sich auf Bundespressekonferenz wortkarg

Auf direkte Fragen bei der jüngsten Bundespressekonferenz zum Fund von 214.800 Euro in einem Schließfach des Scholz-Vertrauten Johannes Kahrs reagierte der Bundeskanzler auffällig schmallippig. Auch andere unangenehme Themen wurden eher kurz und knapp beantwortet. Eine Zusammenfassung der Äußerungen.

Am Donnerstag fand in Berlin die Sommerpressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) statt. Nach einer persönlichen kurzen Einleitung von Scholz zu den wesentlichen politischen Ereignissen der zurückliegenden Wochen bekamen die anwesenden Hauptstadtjournalisten die Chance, dem Kanzler persönlich ihre Fragen zu stellen. Neben geplanten Entlastungen für die Bürger, aktueller Regierungspolitik, dem Ukraine-Krieg und seinem Verhältnis zu Russland erfolgten auch dezidierte Fragen zum früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs und dem jüngsten überraschenden Fund einer größeren Geldmenge im Schließfach einer Hamburger Sparkasse.

In weiteren direkten Fragen ging es um die Verantwortung des Kanzlers in der Steueraffäre um die Hamburger Warburg Bank. Scholz war von Mai bis Oktober 2001 Innensenator von Hamburg und von März 2011 bis März 2018 Erster Bürgermeister der Hansestadt. 2016 und 2017 soll sich Scholz mit den Gesellschaftern der Warburg Bank, Christian Olearius und Max Warburg, in seinem Amtszimmer getroffen haben. Diese Treffen sollen unter anderem von Kahrs mitangebahnt worden sein. Der weiterhin nicht endgültig aufgeklärte sogenannte Cum-Ex-Bankenskandal gilt als der größte organisierte Betrug zulasten der deutschen Steuerzahler.

Fragen zur zurückliegenden und künftigen Regierungspolitik der Ampel-Koalition wurde von Scholz mehrheitlich ausführlicher beantwortet, wobei ein Schweizer Journalist im "G7-Stil" abserviert wurde. Auf die Bitte um Details eines geplanten Energie-Solidaritätsabkommens mit der Schweiz antwortete der Kanzler, wie schon bei der Pressekonferenz zum Abschluss des G7-Gipfels in Elmau im Juni, lediglich mit einem Wort:

"Nein."

Auch zu mehreren Fragen zur Causa Kahrs blieb Scholz diesem Stil treu. So antwortete der Kanzler auf die Frage einer Bild-Journalistin, was er persönlich zu dem Schließfachfund beitragen könnte, folgendermaßen:

"Nichts." 

Scholz ergänzte dann noch, durch die "amüsierte" Reaktion der Anwesenden: "Keine Ahnung – ich nehme an, Sie wissen das eher als ich." Rob Savelberg, ein niederländischer Journalist, der sich intensiv seit Längerem mit dem Fall des Warburg-Skandals und der Rolle von Olaf Scholz beschäftigt, erlebte dann die andere Seite des Bundeskanzlers. Diesmal reagierte Scholz nicht grinsend oder lächelnd, sondern überraschte mit einem ungewohnt aggressiven Unterton. Als Savelberg seine Frage dahingehend formulierte, dass die anwesenden Banker nach den Treffen mit Scholz "geklautes Geld behalten durften", und Aussagen von Scholz als "nicht glaubwürdig" bezeichnete, widersprach der Kanzler "not amused" mit einem direkten Blick auf den Journalisten, um zu ergänzen:

"Vor allem ist es nicht glaubwürdig, wenn man in eine Frage Fakten wirft, die nicht erwiesen sind. (...) Sie würden diese Tatsachenbehauptung nicht erhärten können, wenn Sie es müssten. Bedenken Sie das, wenn Sie sowas sagen."

Auf die Frage eines Polit-Bloggers aus Berlin, ob Scholz Johannes Kahrs auffordern würde, die Herkunft des Schließfachgeldes nachzuweisen und zu begründen, antwortete der Kanzler:

"Also, ich bin so neugierig wie Sie und wüsste natürlich gern, wo es herkommt, aber wahrscheinlich wird er weder mir wie auch Ihnen eine Auskunft erteilen."

Zusammenfassend zum Themenkomplex Kahrs/Warburg Bank erläuterte der Kanzler:

"Unglaublich viele Anhörungen, unglaublich viele Akten haben nur ein Ergebnis gebracht: Es gibt keine Erkenntnisse darüber, dass es eine politische Beeinflussung gegeben hat (...) Ich bin sicher, dass diese Erkenntnis nicht mehr geändert werden wird."

Die Bundesregierung werde "alles dafür tun, dass die BüBürger durch diese schwierige Zeit kommen. Mir geht es dabei um diejenigen, die ganz wenig haben". Deshalb wolle man "etwas beim Bürgergeld, beim Wohngeld machen", so Scholz zu Beginn der BPK. Der Kanzler rechnet zum Herbst hin nicht mit gesellschaftlichen Unruhen in der aktuellen Krise. So antwortete der SPD-Politiker auf eine dementsprechende Frage: 

"Nein, ich glaube nicht, dass es in diesem Land zu Unruhen in dieser skizzierten Form kommen wird. Und zwar deshalb, weil Deutschland ein Sozialstaat ist. Unterhaken ist die deutsche Antwort."

Scholz sprach sich gegen ein Verbot von Touristenvisa für russische Bürger mit der Begründung aus: "Das ist Putins Krieg, und deshalb tue ich mich mit diesem Gedanken sehr schwer." Auf die Frage, ob der SPD-Politiker und Ex-Kanzler Gerhard Schröder "für ihn noch einmal nützlich sein" könnte, antwortete Scholz: "Ich wüsste nicht." 

Zum Ende der Bundespressekonferenz wurde Scholz gefragt, ob er seine Vorgängerin Angela Merkel vermisse. Scholz antwortete sehr entspannt: "Ich telefoniere gerne mit ihr, bin aber auch gerne Bundeskanzler." Der Name "Lauterbach" fiel auf der gesamten Bundespressekonferenz nicht einmal. Die Bild wusste von der BPK zu berichten: "Am Boden warten Fotografen auf gute Bilder. Der Kanzler: ohne Krawatte, erster Knopf offen, leicht gebräunt – 'ich habe mich in meinem Urlaub gut erholt'." 

Mehr zum Thema - Infantile Politik: Eine deutsche Regierung gefangen im Jetzt