Medienberichten zufolge will die Bundesregierung die zweite Stufe des Notfallplans Gas (Alarmstufe) ausrufen. Dies berichtet die Welt unter Berufung auf Kreise der Energiewirtschaft. Die Zeitung sei von dem Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), Patrick Graichen, darüber informiert worden. Zudem haben vier mit dem Schritt vertraute Personen gegenüber der Zeitung bestätigt, dass Versorger davon ausgehen sollten, dass der Schritt innerhalb der nächsten fünf bis zehn Tage erfolge. Das Wirtschaftsministerium wollte den Vorgang auf Nachfrage weder bestätigen noch dementieren. Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft erklärte, dass man über Inhalte der Sitzungen nicht spreche.
Die Frühwarnstufe beziehungsweise erste Stufe wird ausgerufen, wenn es Hinweise gibt, dass sich die Gasversorgung in Zukunft verschlechtern könnte. Voraussetzung für das Ausrufen der zweiten Stufe des Notfallplans ist die "gravierende Reduzierung von Gasströmen" oder der "längere technische Ausfall wichtiger Infrastrukturen". Auch eine "hohe Gefahr langfristiger Unterversorgung" kann als Kriterium für die Stufe 2 gelten. Die Bundesregierung reagiert mit der Ausrufung der sogenannten Alarmstufe nun auf die Reduktion der Gasmenge durch die Pipeline Nord Stream 1 um 40 Prozent, die vonseiten des Gazprom-Konzerns aufgrund technischer Probleme vorgenommen wurde.
Auf die zweite Stufe folgt dann nur noch die Notfallstufe, wenn es physische Engpässe in Deutschland geben sollte. In diesem Fall würde der Markt außer Kraft gesetzt. Die Bundesnetzagentur übernähme dann die Rolle des Verteilers für einzelne Industriebranchen und Kundengruppen, und könnte die Gasversorgung auch abschalten. Privatverbraucher gelten jedoch als besonders geschützt, treffen würden diese Maßnahmen zunächst einmal die Industrie.
Bisher hatte das Ausrufen der verschiedenen Warnstufen nur Folgen für die Energiewirtschaft. Doch mit der neuen Novelle des Energiesicherungsgesetzes erhalten die Energiekonzerne "das Recht, ihre Gaspreise gegenüber ihren Kunden auf ein angemessenes Niveau anzupassen", sobald die Bundesnetzagentur die Preise veröffentlicht. Sollte bei Ausfällen teures Erdgas nachgekauft werden, könnten sie die Kosten dann auf ihre Kunden abwälzen. Unklar ist allerdings noch, welchen Umfang die Nachkäufe haben werden.
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