Allmählich macht sich in der Bundesregierung die Erkenntnis breit, dass sich der Krieg in der Ukraine noch eine ganze Weile hinziehen könnte. Eine solche Einschätzung lieferte laut dem Merkur nun Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) im ARD-Brennpunkt vom Dienstagabend. Dort sagte sie:
"Wir müssen erkennen, dass Putin seine Strategie geändert hat. Er hat angenommen, er könne schnell und brutal in die Ukraine einmarschieren und dann das Land niedermachen."
Weil das nicht funktioniert habe, sei Putins Strategie "jetzt auf Langfristigkeit angelegt".
Folglich bräuchte es bei der Unterstützung der Ukraine deshalb einen "langen Atem". Die Ukraine benötige "für das Furchtbare, was jetzt im Donbass passiert", vor allem Unterstützung bei der Luftabwehr wie Artillerie und Drohnen. Ansonsten drohe, dass "im Donbass alles plattgemacht wird, und was das bedeutet, das haben wir ja in Orten wie Butscha oder Irpin gesehen", so Baerbock.
Putins "Zeitspiel" sei brandgefährlich, sagte die Außenministerin. Sollte er im Donbass siegen, könne er dies erst mal innenpolitisch als Erfolg verbuchen und seine Armee neu sortieren, um die Ukraine doch noch komplett zu erobern. Baerbock ruft daher Durchhalteparolen aus:
"Auch wenn wir erschöpft sind, müssen wir alles tun, um die Ukraine zu verteidigen."
Unklar ist, wen Baerbock mit "wir" meint. Am Mittwoch wurde bekannt, dass Deutschland genauso wie die USA dem Regime in Kiew Mehrfachraketenwerfer zur Verteidigung liefern will – auch wenn Russland bereits zu Kriegsbeginn im Vorfeld gedroht hatte, dass derartiges Eingreifen Dritter in den Konflikt schwere Konsequenzen nach sich ziehen wird. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte laut dem Business Insider dennoch bei der Generaldebatte im Bundestag die Lieferung des modernsten Luftabwehrsystems an, das Deutschland derzeit besitze.
Die Kosten für das IRIS-T-SLM genannte Paket aus Hochleistungsradar, Abschussvorrichtung und Kontrollwagen sowie Raketen gibt der hocherfreute ukrainische Botschafter in Deutschland Andrei Melnyk gegenüber der Wirtschaftswoche mit 140 Millionen Euro pro Stück für den deutschen Steuerzahler an. Unklar ist, wie viele dieser Pakete davon geliefert werden sollen. Vor Kurzem hatte die Bundesregierung schon die Aushändigung der ebenfalls modernen Panzerhaubitze 2000 zugesagt.
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