Finanzminister Lindner für Milliardenunterstützung: "Die Ukraine muss gewinnen"

Während Finanziminister Christian Lindner (FDP) gern auf eine maßvolle Fiskalpolitik pocht, wenn es um den hiesigen Sozialstaat geht, rechtfertigt er einen sehr tiefen Griff in die öffentlichen Kassen für den ukrainischen Staat mit einer simplen Formel.

Bisher ist die Ukraine weder NATO-Mitglied noch EU-Staat. Dennoch ist es an den Bürgern der Mitgliedsstaaten beider Verbünde, den Sieg der Ukraine sowie den Haushalt des Staates, der bis vor kurzem vielen kaum bekannt war, zu finanzieren. Das geht nicht allein durch Frieren und Fahrradfahren.

Wie Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Mittwoch erklärte, seien akut mehrere Milliarden Euro notwendig, um den ukrainischen Staat zu stützen. Denn, wie der FDP-Politiker im Gespräch mit der Zeitung Die Welt argumentierte, die Ukraine müsse unbedingt gewinnen.

Zuvor hatte die ehemalige deutsche Verteidigungsministerin und jetzige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärt, dass hohe Investitionen der Europäischen Union für den Wiederaufbau der Ukraine nach einem möglichen Kriegsende im Interesse der Staatengemeinschaft lägen. Neben einer auch gern von ukrainischen Politikern betonten aber selten weiter erklärten Verantwortung erwähnte von der Leyen am Mittwoch in Brüssel ein strategisches Interesse daran.

Die Ukraine verteidige im Krieg gegen Russland europäische Werte. Sie sagte:

"Wir werden weiter an der Seite der Ukraine stehen, in diesem Krieg und wenn das Land wieder aufgebaut wird."

Die Kriegsschäden in der Ukraine gehen Schätzungen zufolge schon jetzt in die Hunderte Milliarden Euro. "Angesichts des Umfangs der voraussichtlich erforderlichen Darlehen" bringt die EU-Kommission unter anderem eine Finanzierung etwa über die gemeinsame Aufnahme weiterer Schulden ins Spiel, die die Brüsseler Behörde im Namen der Mitgliedsstaaten aufnehmen könnte – wie beim Corona-Aufbaufonds. Brisant ist dies auch deshalb, weil Deutschland und andere Länder diesen Schritt während der Pandemie als einmalig ansahen.

Doch weiterhin müsse kurzfristig geholfen werden, um den Staatshaushalt zu stützen, also laufende Kosten zu decken. Dazu schlug von der Leyen für das laufende Jahr eine neue Makrofinanzhilfe in Höhe von neun Milliarden Euro vor. Die EU-Staaten und das Europaparlament müssten dieser Neuverschuldung noch zustimmen.

Von den rund neun Milliarden Euro sollten laut dem deutschen Finanzminister, der hierzulande einer weiteren Anhebung des Renteneintrittsalters nicht abgeneigt ist und dies mit einer "maßvollen Fiskalpolitik" erklärt, unter anderem Renten und Pensionen gezahlt werden. Über die genauen Summen werde bei dem G7-Finanzministertreffen gesprochen. Klar sei, dass man das Land zahlungsfähig halten müsse, denn, so Lindner:

"Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen."

Insgesamt hat die EU die Ukraine den Angaben zufolge seit Ende Februar bereits mit 4,1 Milliarden Euro unterstützt. Hinzu kommen 1,5 Milliarden Euro für die Finanzierung von Waffen und militärischer Ausrüstung. Weitere 500 Millionen Euro wurden bereits politisch bewilligt.

Unmittelbar vor dem G7-Finanzministertreffen auf dem Petersberg bei Bonn hat am Mittwoch auch US-Finanzministerin Janet Yellen die Forderung nach mehr Finanzhilfen für die Ukraine bekräftigt. Sie werde die anderen Finanzminister auffordern, wie die USA ihre Unterstützung für Kiew noch weiter zu erhöhen, sagte die Politikerin am Mittwoch in Königswinter. Sie betonte:

"Sie brauchen unsere Hilfe und sie brauchen sie jetzt."

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