Die Inflation in Deutschland ist im März auf den höchsten Stand seit der Wende gesprungen. Die Verbraucherpreise lagen im März 2022 um 7,3 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch anhand vorläufiger Daten mitteilte. Im Februar hatte die Jahresinflationsrate noch bei 5,1 Prozent gelegen.
Ähnlich hoch war die Inflationsrate in Deutschland demnach zuletzt im Herbst 1981, als infolge der Auswirkungen des Ersten Golfkrieges die Mineralölpreise ebenfalls stark gestiegen gewesen waren.
Wie das Statistische Bundesamt weiter mitteilte, seien die Preise für Erdgas und Mineralölprodukte seit Russlands Einmarsch in die Ukraine "nochmals merklich angestiegen und beeinflussen die hohe Inflationsrate erheblich". So seien Öl- und Gaspreise stark gestiegen, Tanken und Heizen verteuerte sich drastisch. Nach den vorläufigen Daten der Statistikbehörde mussten die Menschen in Deutschland im März 39,5 Prozent mehr für Haushaltsenergie und Kraftstoffe ausgeben als im Vorjahresmonat. Nahrungsmittel verteuerten sich innerhalb eines Jahres um 6,2 Prozent. Gegenüber Februar stiegen die Verbraucherpreise im März insgesamt um 2,5 Prozent.
Mit einer Entspannung bei den Preisen rechnen Volkswirte vorerst nicht. Die Deutsche Bundesbank schreibt laut einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa in ihrem Monatsbericht für März:
"Auch die Preise für Nahrungsmittel und Industriegüter dürften im Zuge des Einbruchs der Weizenexporte aus der Ukraine und Russland beziehungsweise aufgrund neuer Störungen der Lieferketten zusätzlichen Auftrieb erhalten."
Nach einer Umfrage des Ifo-Instituts wollen immer mehr Firmen in den kommenden drei Monaten ihre Preise erhöhen. Preissteigerungen sind dem Wirtschaftsforschungsinstitut zufolge insbesondere im konsumnahen Bereich zu erwarten.
"Wirtschaftsweisen": "Substanzielles" Risiko einer Rezession in Deutschland
Die Wirtschaftsberater der Bundesregierung hatten am Mittwoch ihre Wachstumsprognose für 2022 gesenkt und davor gewarnt, dass der Krieg in der Ukraine und die steigenden Energiepreise die größte europäische Volkswirtschaft belasten werden. Friedrich Heinemann vom ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung prognostizierte:
"Die Inflationswerte der kommenden Monate werden noch sehr starke Nerven erfordern. Die Botschaft muss lauten: Der Ukraine-Krieg macht uns alle ärmer und ein Kaufkraftverlust ist ökonomisch unvermeidbar."
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung rechnet für das Gesamtjahr 2022 mit 6,1 Prozent Inflation in Deutschland. Die "Wirtschaftsweisen" sehen inzwischen ein "substanzielles" Risiko einer Rezession in Deutschland, wie Volker Wieland, Mitglied des Sachverständigenrates, in Berlin sagte. Noch erwartet der Rat für dieses Jahr 1,8 Prozent Wachstum in Europas größter Volkswirtschaft. Für 2023 sagt das Beratergremium der Bundesregierung 3,6 Prozent Plus beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) voraus. Im November waren die "Wirtschaftsweisen" für 2022 jedoch noch von 4,6 Prozent Zuwachs ausgegangen.
Die Wirtschaftsberater der Bundesregierung rechnen auch mit dauerhaft höheren Energiepreisen hierzulande. Dadurch, dass sich Deutschland unabhängiger von Gas- und Ölimporten aus Russland mache, stiegen langfristig die Kosten, sagte Sachverständigenratsmitglied Veronika Grimm. Sie fügte hinzu:
"Die Energiepreise werden dadurch strukturell höher bleiben, als sie es vor dieser Krise waren."
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(dpa/rt)