Der Bundestag hat am Donnerstag mit den Beratungen der Gesetzentwürfe zu einer allgemeinen Impfpflicht begonnen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mahnte, dass man im Herbst an der gleichen Stelle wie jetzt stehen würde, wenn keine Impfpflicht komme. Daher müsse man sich auf den Herbst vorbereiten, um eine drohende Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. Lauterbachs Auffassung zufolge tragen Ungeimpfte "die Verantwortung, dass wir nicht weiterkommen":
"Das ganze Land wird in Geiselhaft dieser Menschen sein. Das können wir uns nicht mehr leisten."
Der Gesundheitsminister warnte zudem davor, dass im Herbst neue Virusvarianten auftreten könnten. Dem Bundestag liegen insgesamt fünf verschiedene Anträge zur Impfpflicht vor. Eine Vorlage zur Impfpflicht ab 18 Jahren von Vertretern der SPD, der Grünen und der FDP hat derzeit 236 Abgeordnete, die diesen unterstützen. Eine Mehrheit von 736 Abgeordneten tut dies jedoch nicht. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) setzt sich ebenfalls für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht ein:
"Die Menschen in diesem Land haben es satt. Bringen wir diese Pandemie endlich hinter uns, erledigen wir das Virus und kehren wir dann zur Freiheit zurück."
Redner der Unionsfraktion verteidigten hingegen einen Entwurf, der ein Impfpflichtgesetz "auf Vorrat" vorsieht. Diese würde erst zu einem späteren Zeitpunkt, wenn es notwendig sei, in Kraft treten. Der CDU-Abgeordnete Sepp Müller sagte diesbezüglich, zum jetzigen Zeitpunkt sei die Impfpflicht "tot".
Gegner der Impfpflicht rund um den Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Kubicki (FDP) blieben ihrer Linie treu. So sagte Manuel Höferlin, man empfehle eine Impfung "mit Nachdruck", dies rechtfertige jedoch keine Pflicht. Auch der Linken-Politiker Gregor Gysi lehnte eine Impfpflicht weiterhin ab:
"Ich bin ein strikter Gegner der allgemeinen Impfpflicht. Bei Masern war ich dafür, weil das die Krankheit ausrottete, das schafft der Impfstoff hier nicht."
Stattdessen forderte er mehr Aufklärung. Die AfD-Abgeordnete Alice Weidel hat die Befürworter einer allgemeinen Impfpflicht dazu aufgerufen, ihre Anträge zurückzuziehen:
"Sie reiten ein totes Pferd, bitte steigen Sie ab."
Die Argumente für eine Impfpflicht seien von Anfang an schwach gewesen, nun gebe es keine legitime und verfassungsrechtlich zulässige Rechtfertigung für die Einführung einer Impfpflicht gegen COVID-19 mehr, so Weidel.
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