Im ersten Jahr von Corona machte er sich erstmals bemerkbar – ein Mangel an Mikrochips, die inzwischen in vielen Gegenständen verbaut werden. Dadurch standen unter anderem Automobilwerke in Deutschland wochenlang still.
Ursprünglich sollte dieser Mangel im Verlauf eines Jahres behoben sein. Aber jetzt führt die Ukraine-Krise dazu, dass sich die Lage wieder verschärft. Während es nach einer Umfrage des Münchner Ifo-Instituts im Januar 67 Prozent der Firmen waren, die angaben, unter dem Mangel an elektronischen Bauteilen zu leiden, waren es im Februar bereits wieder fast 75 Prozent.
Dabei sind nicht nur Firmen betroffen, die Güter mit elektronischen Teilen herstellen; nachdem dieser Mangel inzwischen seit über einem Jahr besteht, macht er sich längst bei Investitionen und Reparaturen bemerkbar. Denn selbst, wenn ein Produkt keinen Mikrochip enthält – die Maschinen, mit denen es hergestellt wird, tun das sicher.
Selbst wenn die benötigten Bauteile erhältlich sind, sind die Preissteigerungen erheblich. Das Handelsblatt zitiert hier die Vorstandsvorsitzende eines Markisen-Herstellers, der die Chips für die automatische Steuerung von Jalousien oder Rollläden benötigt.
"Ein Teil, das früher 45 Cent gekostet hat, war zunächst noch für fünf Euro zu bekommen, irgendwann waren wir dann bei 50 Euro – das ist dann sinnlos für uns."
Nach Einschätzung der Beratungsfirma McKinsey soll der Mangel noch mindestens bis 2023 anhalten. Das Problem wird dadurch verschärft, dass Entwicklungen wie die Arbeit im Home-Office eine Nachfrage, die ohnehin nicht gedeckt werden kann, weiter erhöhen. Die seitens der EU und des Bundeswirtschaftsministeriums vorgesehenen Förderungen zur Steigerung der einheimischen Produktion wirken nicht so schnell, und die Produktion der vorhandenen europäischen Hersteller Infineon und STMicroelectronics ist bereits bis Ende des kommenden Jahres ausverkauft.
Seit Beginn der Lieferkettenprobleme haben nur 15 Prozent der führenden deutschen Unternehmen tatsächlich ihre Lieferketten umgestellt. Die meisten haben bisher nur mit einer Erhöhung der Lagerbestände reagiert. Die Tatsache, dass in der vergangenen Woche in einigen Betrieben der Automobilindustrie die Produktion erneut stillstand (diesmal, weil in der Ukraine produzierte Kabelbäume fehlten), zeigt, dass das Ausmaß des Problems in jedem Bereich nach wie vor unterschätzt wird.
Im Augenblick ist es zusätzlich der Mangel an LKW-Fahrern, der die Lage verschärft. Ukrainische Fahrer stehen nicht zur Verfügung, sie dürften die Ukraine nicht einmal mehr verlassen, russische und weißrussische sind momentan dank der Sanktionen in Deutschland gestrandet. Für die eng getakteten Logistikketten eine weitere Katastrophe.
Noch gar nicht im Blickfeld sind die Konsequenzen, die aus der US-Politik bezogen auf Taiwan und China folgen könnten. In Taiwan werden in Auftragsfertigung unter anderem die Chips für Apple und NVIDIA hergestellt. Nachdem die USA bereits die chinesische Chipproduktion mit Sanktionen überzogen haben, würde ein Konflikt um Taiwan den Nachschub an diesen essenziellen Bauteilen entscheidend stören. Da Halbleiterfertigung zudem gewisse chemische Elemente benötigt, die unter die Bezeichnung "seltene Erden" fallen, und der größte Lieferant hierfür China heißt, gibt es noch weitere verwundbare Punkte in diesen Produktionsketten. Und ebendiese Punkte könnten womöglich bereits durch Sekundärsanktionen aktiviert werden, die aus den Sanktionen gegen Russland resultieren. Denn China wird seinen Handel mit Russland nicht einschränken.
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