Die Partei- und Fraktionsspitzen der Partei Die Linke haben das Verhalten Russlands im Konflikt mit der Ukraine am Dienstag scharf kritisiert. In einer gemeinsamen Erklärung teilten sie mit:
"Die Anerkennung der 'Volksrepubliken' und der Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine eskalieren den Konflikt weiter."
Weiter heißt es darin:
"Das ist keinesfalls eine 'Friedensmission', das ist völkerrechtswidrig, verletzt die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine und befördert die Gefahr eines großen Krieges in Europa."
Die Erklärung haben die Parteivorsitzenden Susanne Hennig-Wellsow und Janine Wissler sowie die Fraktionsvorsitzenden Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch verfasst. In den vergangenen Wochen hatten einige Linken-Politiker immer wieder Verständnis für die Position Russlands geäußert und der NATO aggressives Verhalten vorgeworfen.
Katja Kipping, ehemalige Parteivorsitzende und jetzige Berliner Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, konzentrierte sich in ihrer Stellungnahme via Facebook auf die Forderung, dass Deutschland sich auf eine "enorme Fluchtbewegung" vorbereiten müsse (Zeichensetzung und Rechtschreibung unverändert):
"Russland's Einmarsch in die Ukraine ist ein offener Völkerrechtsbruch aus dem eine enorme Fluchtbewegung entstehen könnte. Die Bundesregierung ist nun gefordert, vorausschauend und koordinierend mit dem Bundesländern zu handeln, damit wir, so nötig, humanitäre Aufnahmekapazitäten bereitstellen können."
Dagegen hatten der frühere Bundestagsabgeordnete und Außenpolitiker Wolfgang Gehrcke sowie die Publizistin Christiane Reymann in einer persönlichen Erklärung, die der Redaktion vorliegt und hier nachzulesen ist, geschrieben, dass die
"Antwort auf die Entscheidung der russischen Regierung, die Volksrepubliken Donezk und Lugansk als selbständige Staaten anzuerkennen, ... von kühler Vernunft geprägt sein [sollte]".
Die Erklärung Russlands "zum Feind", "den man bestrafen muss", habe zu "Aufrüstung und in eine Spirale der Gewalt geführt".
Diesen Kurs nun sogar noch verschärft fortzusetzen, würde die Gefahr einer "direkten kriegerischen Konfrontation von Groß- und Atommächten auf europäischem Boden" nur erhöhen. Der bisher eingeschlagene Weg habe "nicht zu mehr, sondern zu weniger Sicherheit" geführt. Gegenseitiges Verständnis sei nicht geschaffen, dafür aber Feindbilder errichtet worden.
"Im Sinn einer Friedenssicherung ist er gescheitert. Jetzt kommt es darauf an, aus dieser Spirale auszusteigen."
Und weiter fordern die Autoren:
"Möglichkeiten von Gesprächen und Vereinbarungen, Möglichkeiten, die gegenseitigen Sicherheitsinteressen zu erkennen und anzuerkennen, sollten nicht an die Aufhebung des Dekrets zu Lugansk und Donezk geknüpft werden."
Die deutsche Politik müsse lernen, "mit Widersprüchen und unterschiedlichen Interessen in Europa zu leben und umzugehen". Dafür habe das zweite Minsker Abkommen "Chancen eröffnet". Doch den Kern des Abkommens – Waffenstillstand und Autonomierechte für Donezk und Lugansk – habe Kiew nicht erfüllt, sondern "stetig Minsk II verletzt, ohne dass der Westen darauf reagiert hätte".
Die Erklärung endet mit folgendem Appell:
"Gemeinsame Sicherheit in Europa wird es nur geben, wenn man die bestehenden Meinungsverschiedenheiten auszuhalten lernt im Bemühen um einen dauerhaften Frieden. Helsinki 2.0 ist dringlicher denn je."
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