Die Rufe nach Lockerungsperspektiven in der COVID-19-Pandemie werden immer lauter. Der Fraktionsvorsitzende der FDP im Bundestag, Christian Dürr, sagte der Bild am Mittwoch, sobald die Gefahr der Überlastung des Gesundheitssystems nicht mehr bestehe, müssten Einschränkungen zurückgenommen werden. "Deshalb sprechen wir auch bereits jetzt über konkrete Öffnungsperspektiven." Die nächste Ministerpräsidentenkonferenz sollte dazu erste Beschlüsse fassen. Der Deutsche Hausärzteverband forderte die Bundesregierung auf, einen Öffnungsplan für den Ausstieg aus den Corona-Maßnahmen zu erarbeiten.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte allerdings erst am Dienstag vor einer schnellen Aufhebung von Maßnahmen gewarnt und die Diskussion über Lockerungen als unangebracht bezeichnet. "Wir haben die Lage noch nicht wirklich unter der Kontrolle", sagte der SPD-Politiker. Mit einem Höhepunkt der Omikron-Welle sei Mitte dieses Monats zu rechnen.
Der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): "Die Politik muss bereits jetzt ein Konzept entwickeln, wie die Öffnungsschritte konkret aussehen sollen." Es sei unbedingt zu vermeiden, dass hektisch uneinheitliche und nicht durchdachte Lockerungsmaßnahmen beschlossen würden.
Der Grünen-Politiker Dieter Janecek forderte, bei Lockerungen zuerst Minderjährige zu berücksichtigen. "Kinder und Jugendliche brauchen endlich wieder vollständige Normalität, sie sollten von Öffnungen als erste profitieren", sagte er der Bild am Mittwoch. Für den Jugendsport und das Vereinsleben sollten "zeitnah alle Einschränkungen fallen". FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus will Kindern einen "breiten Zugang zu Bildungs-, Sport- und Kultureinrichtungen" ermöglichen. "Dies sollte unabhängig vom Impfstatus geschehen und bei Lockerungsmaßnahmen als erstes umgesetzt werden."
"Ganz Deutschland muss 2G-frei werden"
Dagegen warnte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft davor, bei möglichen Lockerungen die Folgen für die Schulen aus den Augen zu verlieren. "Schulen sind keine Inseln, Infektionen werden in die Einrichtungen getragen und verbreiten sich auch hier", sagte die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Maike Finnern, dem RND. "In anderen gesellschaftlichen Bereichen Schutzmaßnahmen zu lockern bedeutet deshalb, sehenden Auges in Kauf zu nehmen, dass die Infektionszahlen an den Schulen weiter und weiter steigen – und immer mehr Einrichtungen schließen müssen."
Derweil geht die Deutsche Krankenhausgesellschaft davon aus, dass die Kliniken die Omikron-Welle gut bewältigen. "Ich rechne aktuell für die kommenden Wochen nicht mehr mit einer Überlastung des deutschen Gesundheitswesens", sagte Vorstandschef Gerald Gaß der Bild. Die aktuellen Corona-Maßnahmen sollten gelten bis zum Höhepunkt der Omikron-Welle, den die Bundesregierung in ein bis zwei Wochen erwartet. Danach könne die Politik "ohne Zweifel schrittweise Lockerungen für die kommenden Wochen ins Auge fassen".
Vor allem der Handel macht Druck beim Thema Lockerungen. In einigen Bundesländern wurde die 2G-Regelung schon gekippt. Dazu zählen Bayern, Berlin, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Bremen. Wie die Bild schreibt, fordern die Gründer und Chefs von "Größen wie Deichmann, s.Oliver, KiK, Intersport und Douglas, die Bosse von Großhändlern wie ANWAR und des Shopping-Center-Riesen ECE", dass "ganz Deutschland 2G-frei werden" müsse.
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(rt de/dpa)