Am Dienstag wurde Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Pressekonferenz anlässlich des Besuchs vom NATO-Generalsekretär in Berlin direkt gefragt, ob eine russische Militäroffensive in der Ukraine seiner Meinung nach zu einem militärischen Eingreifen der NATO zugunsten Kiews führen könne.
Scholz betonte in seiner Antwort die "schwerwiegenden" politischen und wirtschaftlichen Folgen, schien aber jegliche militärische Unterstützung durch Deutschland für ein militärisches Eingreifen ausschließen zu wollen und sagte, es werde auch keine Waffenlieferungen an die Ukraine geben. Stattdessen kündigte er an, dass man in Berlin in diesem Falle darüber nachdenken werde, die Erdgaslieferungen aus Russland zu beenden. Nach dem Treffen mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstag sagte Scholz wörtlich:
"Deutschland könnte erwägen, die Nord Stream 2-Pipeline zu stoppen, wenn Russland die Ukraine angreift."
Zu den "auf dem Tisch liegenden Optionen" gehöre auch die Sanktionierung der Pipeline. Obwohl die Energiepreise in diesem Winter bereits in die Höhe geschossen sind, könnte diese "Option" bedeuten, dass Deutschland sich selbst erheblich schadet, wenn der dringende Versorgungsbedarf aber nicht anderweitig gedeckt werden kann. Scholz erklärte dennoch weiter in Richtung Russland:
"Es ist klar, dass ein hoher Preis zu zahlen sein wird und dass im Falle einer militärischen Intervention in der Ukraine alles diskutiert werden muss. Wir sind nicht an langfristigen Spannungen interessiert, ganz im Gegenteil. Aber es ist auch wichtig, dass sich alle an die Prinzipien halten, auf die wir uns geeinigt haben, und das bedeutet, dass sich Russland an die Prinzipien der OSZE [Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa] halten muss."
Scholz forderte Russland explizit auf, die russische Truppenpräsenz in der Nähe zur Ukraine zu reduzieren, betonte aber andererseits gleichzeitig, dass sowohl Russland als auch Deutschland "konstruktive und stabile Beziehungen" pflegen wollen.
Deutschland balanciert in Bezug auf Russland seit Langem auf einer Art Drahtseilakt – einerseits setzt sich Deutschland immer wieder für die 10 Milliarden Euro teure, über 1.200 km lange Ostsee-Gaspipeline ein, die für die Versorgung Deutschland und Westeuropas große Vorteile bietet, aber die veralteten Anlagen durch die Ukraine und Polen umgeht, andererseits versucht Deutschland, seinen ungeduldigen mächtigsten westlichen Verbündeten, die USA, zufriedenzustellen.
Dazu schrieb Reuters: "Einige Beobachter meinen, er sende gemischte Signale aus, indem er die Pipeline, die bereits gebaut, aber noch nicht für den Betrieb genehmigt ist, als privatwirtschaftliches Projekt bezeichnet, das nicht mit Sanktionen belegt werden sollte."
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