Die Niederlande hatten am Wochenende einen Lockdown verhängt – nun könnte Deutschland ein ähnliches Szenario drohen, doch vermutlich erst nach Weihnachten.
Noch am Dienstag werden Bund und Länder über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise beraten – darauf verständigten sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz am Sonntagabend. Der neue Corona-Expertenrat der Bundesregierung hatte am Sonntag gewarnt, Omikron bringe eine "neue Dimension" in das Pandemiegeschehen. Die Experten sehen "Handlungsbedarf" bereits für die kommenden Tage.
Die neue Variante des Virus zeichne sich durch eine wesentlich stärkere Übertragbarkeit und das Unterlaufen eines bestehenden Immunschutzes aus. Omikron infiziere in kürzester Zeit deutlich mehr Menschen und beziehe auch Genesene und Geimpfte wieder weitaus stärker in das Infektionsgeschehen ein. Experten warnten: "Dies kann zu einer explosionsartigen Verbreitung führen."
Der Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen von Bündnis 90/Die Grünen brachte bereits einen kompletten Lockdown nach den Feiertagen ins Spiel. Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa sagte der Politiker, dass man "angesichts der äußerst hohen Übertragbarkeit von Omikron um einen Lockdown nach Weihnachten vermutlich nicht herumkommen" werde. Er ergänzte:
"Ein mögliches Szenario wäre ein gut geplanter Lockdown Anfang Januar."
Ähnliches kam auch von Klaus Reinhardt, dem Präsidenten der Bundesärztekammer. Gegenüber dem Tagesspiegel erklärte der Facharzt für Allgemeinmedizin, dass "die Gefahr besteht, dass wir in einen neuen Lockdown müssen". Er fügte hinzu:
"Wenn sich die Omikron-Variante bei uns trotz der Booster-Kampagne so schnell ausbreitet, wie das gerade in England oder den Niederlanden der Fall ist, werden weitere Kontaktbeschränkungen wahrscheinlich kaum zu vermeiden sein."
Die neue Variante von SARS-CoV-2 werde laut Reinhardt eine "große Belastung" für die Infrastruktur des Landes darstellen. Er betonte, dass dies vor allem für "das Personal in den Krankenhäusern, aber auch für Haus- und Fachärzte, Feuerwehrleute, Polizeibeamte oder im Krankentransport und Rettungsdienst" gelte.
Erst vor wenigen Tagen hatte der Ärztepräsident in einem Interview im Deutschlandfunk die Entscheidung des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) und der Länder kritisiert, Menschen mit einer Auffrischungsimpfung von einer Testpflicht zu befreien.
Dies sei unter anderem wegen der Ausbreitung der Omikron-Variante falsch, so Reinhardt. Außerdem gebe es Impfdurchbrüche auch bei Menschen mit drei Impfungen. Diese zeigten aber oft gar keine Symptome. Wenn man Infektionsketten unterbrechen wolle, sei ein Verzicht auf Tests auch bei "Geboosterten" keine gute Idee. Außerdem könne er nicht erkennen, dass die Testkapazitäten schon ausgereizt seien.
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