Grünen-Chefin Baerbock schließt allgemeine Impfpflicht nicht mehr aus

Nach Aussagen von Grünenchefin Annalena Baerbock lässt die künftige Ampelkoalition Wege und Möglichkeiten prüfen, die es ermöglichen, rechtliche Grundlagen für eine allgemeine Impfpflicht zu schaffen. Die Ampel-Parteien wollen Anfang Dezember über schärfere Corona-Maßnahmen in Deutschland beraten, sagte sie.

Nachdem das Thema Corona während des Bundestagswahlkampfes eher im Hintergrund verschwunden war, war es am gestrigen Mittwoch bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags der neuen Ampel-Regierung das Aufmacher-Thema für Olaf Scholz' Ausführungen.

Gleich zu Beginn der Pressekonferenz wurde ein sogenannter "Sieben-Punkte-Plan im Kampf gegen Corona" vorgestellt. Der abgestimmte Maßnahmenplan der Ampel-Koalition umfasst demnach folgende sieben Unterteilungen: Bund-Länder-Krisenstab, Expert*innen-Gruppe im Kanzleramt, Impfkampagne voranbringen, Schutzimpfungen konsequent umsetzen, Bonuszahlung für Pflegepersonal, Umsetzung der Impfpflicht und Wirkung bisheriger Beschlüsse überprüfen.

Zu dem Punkt "Umsetzung der Impfpflicht" äußerte sich Annalena Baerbock von den Grünen am Abend im Rahmen eines Tagesthemen-Interviews dahingehend, dass sie eine allgemeine Impfpflicht zukünftig nicht mehr ausschließen möchte. 

Die Ampel-Koalition gebe sich zehn Tage Zeit, "um zu sehen, sind wir bei den Booster-Impfungen, sind wir bei den Schutzmaßnahmen weit genug gekommen", so Baerbock am Mittwochabend in den ARD-Tagesthemen. Der neu geschaffene Bund-Länder-Krisenstab solle die Situation "täglich unter die Lupe nehmen" und analysieren. Das Ergebnis würde dann zeigen, "ob es weitere Maßnahmen braucht oder nicht".

Sollte reagiert werden müssen, müssten zeitnah rechtliche Voraussetzungen geschaffen werden, die eindeutig klären, was es braucht, um eine allgemeine Impfpflicht einzuführen.

Dies könnte zu ersten Spannungen innerhalb der Ampel-Koalition führen, da der FDP-Vorsitzende Christian Lindner am gestrigen Abend in der ZDF-Sendung "Was nun?" zu Bedenken gab, man müsse zuerst die Einschätzung der Verfassungsrechtler abwarten. Erst, wenn diese zu der Auffassung kämen, dass eine Impfpflicht möglich sei, ''ist danach politisch zu entscheiden, ob man es will. Das ist hoch umstritten."

Das Gremium des neugeschaffenen Bund-Länder-Krisenstabs soll laut Olaf Scholz demnach schon eingerichtet werden, bevor die neue Ampel-Regierung im Amt ist.

Kritik war umgehend aus den Reihen der CDU zu vernehmen. Ob die Pläne eines zukünftigen Krisen-Gremiums oder die für den 9. Dezember einberufene Bund-Länder-Runde, beides stellt für die Opposition zu wenig dar. Die auf den Weg gebrachten Maßnahmen "würden wahrscheinlich nicht reichen", sagte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) am Mittwochabend in der ARD. Die geplante Bewertung am 9. Dezember sei "viel zu spät".

Am gestrigen Mittwoch wurde bekannt, dass noch am Dienstag die scheidende Kanzlerin die im Kanzleramt anwesenden Ampel-Koalitionäre anmahnte, die Maßnahmen angesichts der drohenden Überlastung des Gesundheitswesens deutlich zu verschärfen.

Merkel habe demnach einen sofortigen Lockdown bereits ab Donnerstag dieser Woche mit Nachdruck vorgeschlagen. SPD, FDP und Grüne lehnten diese Forderung jedoch ab.

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