Corona-Alarm vom Kanzleramts-Chef: Zwei Impfungen doch zu wenig

Der Chef von Angela Merkels Bundeskanzleramt nimmt Versprechungen zur Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe zurück. Die Impfungen würden höchstens ein halbes Jahr schützen, die dritte "Booster"-Impfung käme zu schleppend. Angekündigte Verschärfungen der Corona-Regeln seien unproblematisch.

Helge Braun, Mediziner und Chef des Bundeskanzleramtes, hat am 4. November 2021 im Interview bei BILD-TV erklärt, dass eine sogenannte vollständige Impfung gegen COVID-19 nicht mehr als voller Impfschutz gelten könne, wenn sie länger als sechs Monate zurückliegt. Immer mehr Erkrankte seien sogar "vollständig geimpft". Zu diesen beschönigend als "Impfdurchbrüche" bezeichneten Fällen gab Braun folgende Erklärung:

"Vollständig geimpft zu sein bedeutet, dass man einen sehr guten Schutz davor hat, schwer an Corona zu erkranken oder gar daran zu versterben. Aber wenn die vollständige Impfung – also in der Regel zwei Impfungen – länger als sechs Monate her ist, sehen wir immer mehr Impfdurchbrüche, gerade bei Älteren."

Den Widerspruch zwischen allen früheren offiziellen Erklärungen, die neuen Impfstoffe seien dauerhaft wirksam und sicher, wie seit Beginn der Impfkampagne im Dezember 2020 von Politikern, Wissenschaftlern und in den Medien behauptet wurde, und der nun allenthalben als notwendig propagierten dritten "Booster"-Impfung wischte Braun mit folgender Bemerkung vom Tisch: "Das ist ein Super-Impfstoff! Die Leute sind gut geschützt. Und wenn alle geschützt wären, hätten wir auch keine schweren Verläufe."

Dem Kanzleramtsminister unterlief ein weiterer logischer Fehlschluss in seiner Argumentation, nämlich bei der Antwort auf die Frage, wie es denn sein könne, dass die COVID-Stationen der Krankenhäuser etwa zur Hälfte mit vollständig geimpften Patienten belegt sind, wenn doch die Wirkung der neuen Impfstoffe so zuverlässig wäre.

Braun räumte ein, dass die Präparate nicht hundertprozentig wirkten, und fügte eine aufschlussreiche Bemerkung hinzu: "Die Gruppe der Geimpften in unserer Gesellschaft ist viel, viel größer, und wenn ein Anteil von denen … und die Impfwirkung, das stimmt, die ist nicht 100 Prozent, aber die ist … je nach Altersgruppe ist die Wirksamkeit 80 bis 90 Prozent." Wenn dies so stimmt, dürfte nicht etwa die Hälfte der Corona-Patienten in den Krankenhäusern aus Geimpften bestehen. Damit lieferte Helge Braun eine Vorlage für den Interviewer, der Merkels Staatsminister entgegenhielt:

"Aber dann haben Sie uns doch was vorgemacht, wenn Sie gesagt haben, das ist eine Pandemie der Ungeimpften, im Sommer, im Herbst. Das ist keine Pandemie der Ungeimpften, das ist wieder eine Pandemie aller! Das ist auch eine Pandemie der Geimpften!"

Braun widersprach: "Nein so, würde ich's nicht sagen. Wir müssen zwei Dinge ja auseinanderhalten. Wir haben auf der einen Seite einen hohen Schutz. Sie als zweifach Geimpfter haben eine um 90 Prozent reduzierte Gefahr, dass Sie ins Krankenhaus müssen. Sie nehmen an der Pandemie viel weniger teil. Sie haben eine über 80 Prozent reduzierte Gefahr, dass Sie sich selber überhaupt anstecken und einen anderen anstecken könnten. Das heißt, um vier von fünf, die geimpft sind, nehmen an der Pandemie nicht teil, aber einer vielleicht doch. Und deshalb haben wir gesagt, dieses Risiko können wir in der Gesellschaft akzeptieren. Wenn wir alle geimpft wären, würde das dazu führen, dass es nur wenig Infizierte und keine Probleme in den Krankenhäusern gäbe."

Schließlich behauptete Braun, die Ungeimpften würden "halt alle zu 100 Prozent in der Pandemie stehen, jedes Risiko haben, das volle Risiko ins Krankenhaus zu kommen, das volle Risiko, Überträger zu werden, das volle Risiko für einen schweren Verlauf." 17 Millionen erwachsene Deutsche hätten bislang weder die erste noch die zweite Impfdosis erhalten.

Braun kündigte eine gesetzliche Testpflicht in Altenheimen an und plädierte dafür, die dritte "Booster"-Impfung auch gesetzlich abzusichern. Die Corona-Regeln dürften auch durch die bloß noch geschäftsführende Bundesregierung verschärft werden, denn sie sei verpflichtet, die Bevölkerung zu schützen, zumal in einigen Regionen in zwei Wochen angeblich eine Überlastung des Gesundheitswesens drohe.

Wenig Beachtung hat in der Debatte um die sogenannte "Pandemie der Ungeimpften" bisher eine Verordnung der Bundesregierung vom 8. Mai 2021 gefunden, die "Erleichterungen und Ausnahmen von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19" regeln soll. In den Begriffsbestimmungen dieses Rechtstextes ist festgelegt, wer als "geimpfte Person" gelten kann, nämlich "eine asymptomatische Person, die im Besitz eines auf sie ausgestellten Impfnachweises ist."

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