Grippewelle könnte teuer werden: IfW rechnet mit bis zu 30 Milliarden volkwirtschaftlichem Schaden

Nach fast zwei Jahren Coronakrise samt Lockdown, Abstandsregeln und Homeoffice sind viele Menschen anfälliger für Grippeviren, da ihr Immunsystem zuletzt weniger beansprucht wurde. Ärzte gehen deshalb von vielen Infektionen in der anstehenden Grippesaison aus. Der volkswirtschaftliche Schaden wäre enorm.

Droht Deutschland eine weitere Kostenexplosion im Gesundheitswesen? Wirtschaftsexperten und Mediziner rechnen mit hohen wirtschaftlichen Kosten, falls es in den kommenden Monaten zu einer schweren Grippe- und Erkältungswelle  kommen sollte.

Sollte in dieser Saison eine besondere Häufung von Atemwegserkrankungen eintreten, wie schon einmal zwischen Oktober 2017 und April 2018, dann droht ein volkswirtschaftlicher Schaden von bis zu 30 Milliarden Euro. Das geht aus Berechnungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) hervor, nachdem die Welt am Sonntag zu dem Thema eine Anfrage gestellt hatte. 

Einiges deutet darauf hin, dass eine schwere Grippesaison bevorsteht: Die Datengrundlage dafür lieferten die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und Studien der Krankenkasse AOK zu Arbeitsausfällen wegen Atemwegserkrankungen in den Monaten Oktober 2017 bis April 2018. Mediziner rechnen aufgrund der gelockerten Coronamaßnahmen nun mit einer ähnlich heftigen Erkältungs- und Grippesaison.

Denn das Immunsystem wurde in den letzten 18 Monaten durch Abstandsregeln, Desinfektionsmittel, das Tragen von Masken sowie Lockdowns und die Schließung von Kitas, Schulen und nicht zuletzt Sportstätten weit weniger trainiert als normalerweise. Besonders Kinder, die seit Beginn der Coronakrise im Schnitt deutlich weniger krank waren, holten das jetzt quasi nach, wie der Standard berichtete.

Aus Sicht der IfW-Ökonomin Lena Merkel könnte der wirtschaftliche Schaden sogar noch größer ausfallen, wenn man Krankschreibungen aufrechnet, die durch kranke Kinder oder pflegebedürftige Angehörige entstehen. Parallel könnte es auch verstärkt passieren, dass sich Angestellte trotz Atemwegserkrankung gar nicht mehr krankmelden, sondern versuchen aus dem Homeoffice heraus weiterzuarbeiten. 

Hinzu komme, dass eine sogenannten Immunitätslücke entstanden sei, weil es im vergangenen Jahr praktisch keine Grippe gegeben habe, erklärte Klaus Wahle, ehemaliges Mitglied der Ständigen Impfkommission (Stiko).

Bisher sieht es zwar nach einer eher leichten Grippewelle aus, wie zuletzt in den Jahren 2018/19 oder 2019/20. Die Saison hat aber gerade erst begonnen.

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