Friedrich Merz und Jens Spahn, die sich beide erhoffen, Armin Laschet zu beerben, formulierten ihre Kritik am augenblicklichen Zustand der CDU bar jeder Zurückhaltung. Der Finanzlobbyist Merz sprach von einem "insolvenzgefährdeten schweren Sanierungsfall", während Spahn schlicht erklärte, "es war ein beschissenes Wahlergebnis, und die Lage ist es auch".
Beide präsentierten sich und ihren Anspruch auf das Führungsamt auf dem Deutschlandtag der Jungen Union in Münster. Laschets Antipode im Wahlkampf, der CSU-Vorsitzende Markus Söder, hatte es vorgezogen, stattdessen einen CSU-Termin in Bayern wahrzunehmen.
Dass auf der ersten großen Parteiveranstaltung nach dem katastrophalen Wahlergebnis die innerparteilichen Konflikte aufbrechen, war zu erwarten. Daran ändert auch der Optimismus nichts, den Spahn zur Schau trug, indem er zu Teamgeist aufrief und erklärte, "die CDU ist nicht erledigt".
Eine ganze Reihe von Landesverbänden hat bereits die Forderung gestellt, künftig den Parteivorsitz per Mitgliederentscheid zu bestimmen, auch wenn die Satzung das zumindest bisher nicht vorsieht. In der CDU Thüringen soll an diesem Wochenende ein entsprechender Leitantrag für den Bundesparteitag beschlossen werden. Auch die Junge Union befürwortet eine Mitgliederbefragung und wird an diesem Wochenende über einen derartigen Antrag entscheiden.
Damit würde sich die CDU in der Vorgehensweise an SPD und Grüne anpassen. Am Beispiel der SPD lässt sich allerdings auch erkennen, dass in diese Methode nicht allzu viel Hoffnung gesetzt werden sollte.
Überhaupt ist eine stärkere Einbindung der Basis ein verbreiteter Wunsch. "Hintergrund ist auch die Unzufriedenheit an mancher Stellle über Entscheidungen der Bundespartei in den letzten Jahren", meinte dazu der Landesvorsitzende der CDU Sachsen-Anhalt, Sven Schulze.
Ein JU-Delegierter aus Schleswig-Holstein hatte in der Aussprache zum Bundestagswahlkampf scharfe Kritik am Konrad-Adenauer-Haus, der Parteizentrale, geübt. Es sei "zur Jobzentrale für ausgetauschte JUler und CDUler verkommen". Und selbst Laschet räumte in seiner Rede auf dem Deutschlandtag ein, dass die Partei ein inhaltliches Problem hat. Das Konrad-Adenauer-Haus müsse wieder "zum Denkmotor der Partei" und "neu aufgestellt werden", und der nächste Bundesvorsitzende müsse möglichst schnell die Debatte um ein neues Grundsatzprogramm anstoßen.
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak erklärte in der Presse gar, es ginge "im Kern um insgesamt vier Ebenen der Erneuerung der CDU: inhaltlich, organisatorisch und strukturell, personell und habituell".
In welche Richtung sich die Partei künftig bewegen wird, lässt sich daraus allerdings nicht ersehen. Auch die Anträge zum Deutschlandtag der Jungen Union stehen nicht im Netz. In der jüngeren Vergangenheit beschäftigte sie sich vor allem mit Themen wie Digitalisierung der Verwaltung, Wolfsmanagement und Zigarettenstummeln im öffentlichen Raum.
Die markanteste Forderung, die der Jugendverband der CDU im Beschluss seines Deutschlandrats vom Mai des Jahres vorlegte, nennt sich "Sozialstaatsbremse" und verlangt, die Sozialausgaben nicht weiter zu erhöhen, bis die Staatsverschuldung auf 60 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) gefallen ist. Das dürfte der Union schwerlich aus dem Tief helfen, denn momentan liegt diese bei 71,1 Prozent des BIP.
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(rt/dpa)