Der syrische Flüchtling, dessen Foto mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 um die Welt ging, wusste seinerzeit nicht, mit wem er sich da eigentlich ablichtete. Das geht aus einem Interview des Mannes mit dem Burda-Magazin Focus hervor.
In dem Gespräch antwortete der Syrer Anas Modamani auf die Frage nach der Entstehung des Bildes, er sei in seinem Flüchtlingsheim in Berlin-Spandau gerade aufgestanden und habe einkaufen gehen wollen, als ihm der Trubel vor dem Eingang aufgefallen sei:
"Dann ist ein schwarzes Auto vorgefahren. Eine Frau ist ausgestiegen und zum Haupteingang gekommen. Dort stand ich und sah, dass viele Fotografen ein Foto von ihr haben wollten. Ich dachte mir, sie ist wohl eine bekannte Frau, eine Schauspielerin oder so. Ich muss unbedingt ein Selfie mit ihr machen, und später werde ich schon herausfinden, wer sie ist."
Unten gelang es ihm, in ihre Nähe zu kommen:
"Ich hatte die Chance, ein Selfie zu machen, weil ich neben dem Haupteingang stand und sie mich zu sich kommen ließ, obwohl ihre Sicherheitsmänner mich zurückdrängen wollten. Ich habe sie umarmt, sie hat gelächelt. Es hat etwa drei Sekunden gedauert. Das war ein wunderschöner Moment."
Erst am Abend habe er erfahren, dass es sich bei der "bekannten Frau" um Merkel handelte. Das Foto habe ihm in der Folge bei seiner Integration geholfen. Er sei, so Modamani weiter, heute sehr gut integriert und "sehr glücklich über das Leben, das ich hier in Deutschland habe". Das Bild habe ihm aber auch geschadet, es sei oft missbraucht worden, insbesondere durch die AfD, er habe deswegen Facebook verklagt.
Der Syrer lobt in dem Merkel gegenüber sehr wohlwollenden Interview noch einmal die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin:
"Frau Merkel ist die stärkste Frau Europas und ich werde ihr den Rest meines Lebens dankbar sein, denn sie hat mein Leben gerettet. Sie hat mir eine neue Chance im Leben gegeben, hier in Deutschland bleiben zu dürfen, sie hat 2015 die Grenze nicht geschlossen und damit die beste Entscheidung getroffen."
Der Flüchtling äußerte Verständnis für den Rückzug Merkels vom Regierungsamt. Sie habe als Frau "so hart wie 10 Männer gearbeitet" und werde nachts seiner Meinung nach von den "vielen Probleme in Deutschland" wachgehalten:
"All die Jahre lang früh am Morgen Reden halten, Diskussionen bis tief in die Nacht. Menschen brauchen auch mal ihre Ruhe."
Auf die Frage nach seinen Erwartungen für die Zeit nach der Wahl brachte der Syrer seine Sorgen vor einer restriktiveren Flüchtlingspolitik zum Ausdruck. Er hoffe, dass "Deutschland immer Menschen unterstützt, die Hilfe brauchen, wie jetzt auch die Menschen in Afghanistan". Merkels Nachfolger riet er, sich auf "die wirklichen Probleme der Menschen" zu konzentrieren: "Die Erwerbstätigen, die für einen niedrigen Mindestlohn arbeiten, oder Beschäftigte in Pflegeheimen werden oft vergessen."
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