Amtsärzte in Berlin haben in Zukunft nicht mehr das Sagen, wenn es um die Quarantäne von Schulkindern geht. Der Berliner Senat hat in der Infektionsschutzverordnung den Spielraum der Ärzte eingeschränkt.
Laut Tagespiegel wollten die Amtsärzte Kontaktpersonen von positiv Getesteten in Kitas und Schulen nicht mehr automatisch in Quarantäne schicken, weil die Nachteile für die Kinder in keinem Verhältnis zu der geringen Wahrscheinlichkeit einer erfolgten Infektion stünden.
Die Amtsärzte schrieben in einer Stellungnahme an Kalayci: "Ihr Vorschlag einer Verkürzung der Quarantäne für Schüler als enge Kontaktpersonen auf fünf Tage, offensichtlich ohne Testungen, ist für uns fachlich nicht nachvollziehbar und entspricht auch nicht den Empfehlungen des RKI."
Die Ärzte wiesen darauf hin, dass die Quarantäne in "über 95 Prozent der Fälle" nicht-infizierte Kinder treffe. Ihr Plan einer Quarantänelockerung war, wie berichtet, auch von der Infektionsschutzspezialistin der Gesundheitsverwaltung unterstützt worden.
Unterstützung kam zudem von der bundesweiten Initiative Eltern, Kritik dagegen vom Landeselternausschuss Kitas. Es sei wohl auch um die Art der Kommunikation der Entscheidung der Ärzte gegangen. So kam der Eindruck auf, die Quarantäne solle grundsätzlich abgeschafft werden.
Nur sei die Isolierung eben nicht als Automatismus, sondern nur "grundsätzlich". Damit sei auch klar, dass private enge Kontakte wie immer separat ermittelt würden.
"Im Rahmen der Einzelfallentscheidung haben die Gesundheitsämter nicht mehr den Spielraum, keine Quarantäne anzuordnen", zitiert das Blatt die Senatorin.
"Was die Pandemiebekämpfung angeht, obliegt die Strategie der Senatsgesundheitsverwaltung. Strategiewechsel sind nicht Sache der Amtsärzte und Amtsärztinnen", stellte Kalayci klar. Mit ihrem Papier seien die bezirklichen Gesundheitsämter "über das Ziel hinausgeschossen".
Hingegen sagte Reinickendorfs Amtsarzt Patrick Larscheid auf Anfrage des Tagesspiegels: "Niemand besitzt ein Weisungsrecht für solche ärztlichen Entscheidungen, auch keine Rechtsverordnung."
Aus Fraktionskreisen hieß es, die breite Front gegen die Entscheidung der Fachleute wolle sich die SPD im Wahlkampf zunutze machen, obwohl es in SPD-Kreisen zahlreiche Unterstützer der Amtsärzte gebe.
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