Dritte Warnstreikrunde im Einzelhandel von Berlin und Brandenburg

Die Gewerkschaft Verdi hat am Dienstag Tausende Angestellte des Einzelhandels in Berlin und Brandenburg zu einer dritten Warnstreikrunde aufgerufen. Zuvor schlug Verdi das Angebot der Unternehmen aus, Löhne und Gehälter lediglich um zwei Prozent zu erhöhen. Die Unternehmen verweisen auf pandemiebedingte Einbußen.

Insgesamt 141.000 Beschäftigte im Einzelhandel, die für Rewe, Kaufland, IKEA und Galeria Karstadt Kaufhof wie auch H&M und Thalia tätig sind, rief die Gewerkschaft Verdi am Dienstag zum Warnstreik auf. Die Verdi-Verhandlungsführerin Conny Weißbach erklärte: 

"Seit Ende Juni verhandeln wir, und die Unternehmen kommen zwei Monate später mit einem Vorschlag um die Ecke, der Reallohnverzicht für alle Verkäuferinnen bedeutet und nach wie vor die Tarifeinheit der Beschäftigten spalten soll."

Im Juli gab es die letzten Verhandlungen. Dabei unterbreiteten die Unternehmen das Angebot, Löhne und Gehälter um lediglich zwei Prozent zu erhöhen. Der Geschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg Nils Busch-Petersen erklärte seine Sicht auf die Dinge so: 

"Wir müssen da differenzieren, denn es gibt Unternehmen, die extrem von der Pandemie getroffen wurden, wohingegen andere gut aus der Krise gekommen sind."

Nur 25 Prozent der Beschäftigten im Handel genießen Tarifschutz

Die Gewerkschaft Verdi machte auf die nachlassende Tarifbindung in Deutschland aufmerksam. Es bestünden bundesweit nur noch für 51 Prozent der Beschäftigten verbindliche tarifliche Regelungen, sagte der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke am Freitag in Berlin. In manchen Sektoren liege die Tarifbindung sogar noch deutlich niedriger. So hätten im Handel nur 25 Prozent der Beschäftigten einen Tarifschutz. "Und das nach einer Ausgangssituation, in der wir Ende der 90er Jahre noch praktisch eine Tarifbindung von 100 Prozent hatten", sagte Werneke. Ähnlich schwach sehe es im Bereich der Pflege aus.

Mitverantwortlich dafür sind aus Sicht der Gewerkschaften die Arbeitgeberverbände. "Ein wirklicher Wille, die Tarifbindung zu stabilisieren, ist auf Arbeitgeberseite immer weniger erkennbar", sagte Werneke. Er sieht deshalb die Politiker in der Pflicht. Gebraucht würden unter anderem dringend erleichterte Regelungen für die Allgemeinverpflichtung von Tarifverträgen, forderte der Verdi-Vorsitzende.

Außerdem sollten öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen vergeben werden, in denen Tarifverträge für die Beschäftigten vereinbart wurden. Verdi sieht in diesen Fragen die Beschäftigten und die Bürger auf seiner Seite: Demnach hätten bei einer repräsentativen Umfrage 86 Prozent der Befragten die abnehmende Tarifbindung als negativ bewertet. Die Forderung, öffentliche Aufträge von einer Tarifbindung abhängig zu machen, unterstützten laut Verdi rund 70 Prozent der Befragten.

(rt/dpa)