Der Bundestag hat die Verlängerung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite bestätigt. Von 583 abgegebenen Stimmen haben 325 Abgeordnete mit Ja gestimmt. 253 Abgeordnete stimmten mit Nein. Es gab 5 Enthaltungen.
Die Feststellung der "epidemischen Lage" bildet die Rechtsgrundlage dafür, dass die Bundesregierung direkt und ohne Zustimmung des Bundesrates für das gesamte Bundesgebiet Verordnungen erlassen kann – etwa zu Tests, Impfungen, zum Arbeitsschutz oder zur Einreise. Auch die durch die Bundesländer im Einzelnen erlassenen Maßnahmen wie Maskenpflicht oder Kontaktbeschränkungen gründen auf der "epidemischen Lage".
Beschlossen hat der Bundestag mit Annahme des Koalitions-Antrag auch eine Änderung am Paragrafen 28a IfSG, die die Parameter zur Einschätzung der Coronalage betrifft. Aufgrund des Impffortschritts sei die Sieben-Tage-Inzidenz nicht mehr zentraler Maßstab. Künftig sollten sich die im Gesetz genannten Schutzvorkehrungen an der Hospitalisierungsrate ausrichten.
Die "epidemische Lage" war erstmals im März 2020 festgestellt und zuletzt am 11. Juni erneut bestätigt worden. Ohne Verlängerung wäre die sie bereits am 11. September ausgelaufen, nun gilt sie für weitere drei Monate bis zum 11. Dezember.
In der vorausgehenden Debatte hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erneut zu Corona-Impfungen aufgerufen und die vorgesehene Verlängerung der "epidemischen Lage" verteidigt. Die Pandemie sei noch nicht vorbei, so der CDU-Politiker. Es gehe darum, dass die Länder und Behörden vor Ort eine Rechtsgrundlage für Maßnahmen wie Maskentragen in Bussen und Bahnen bräuchten, so lange es noch eine so hohe Zahl Ungeimpfter gebe. Ziel bleibe auch, angesichts der vermeintlich ansteckenderen Virusvariante eine Überlastung des Gesundheitswesens im Herbst zu vermeiden. Um sicher durch die sogenannte vierte Corona-Welle zu kommen, brauche es zudem eine höhere Impfquote.
Aus der Opposition kam teils scharfe Kritik. FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus warnte vor einer "Fortführung der automatischen und undifferenzierten Grundrechtseingriffe". Von einer Überlastung des Gesundheitswesens sei man dank des Impffortschritts weit entfernt. AfD-Chef Tino Chrupalla sagte, unter den gegebenen Umständen bestehe keine Notwendigkeit, die Grundrechte weiter einzuschränken. Bürger, die sich nicht impfen lassen wollten, nähmen ihr Recht in Anspruch, selbst über ihre Gesundheit zu entscheiden.
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