Der zivile Flugverkehr der afghanischen Hauptstadt Kabul ist eingestellt – und das Flughafenpersonal ist geflüchtet. Außen kontrollieren die Taliban, innen die US-Soldaten. Auf den Start- und Landebahnen verkehren nur noch militärisch kontrollierte Evakuierungsflugzeuge. An Bord sind ausländische Staatsangehörige, die sich in Afghanistan aufhielten, und solche, die als afghanische Ortskräfte gelten und ehemals Ausländer bei ihren militärischen, diplomatischen und humanitären Missionen im Land unterstützten.
Am Montag meldete die Bundeswehr ein Feuergefecht am Eingang des Flughafens. Dieses soll sich zwischen afghanischen Sicherheitskräften und unbekannten Angreifern zugetragen haben. Schließlich waren auch Soldaten der USA und der Bundeswehr beteiligt. Eine afghanische Sicherheitskraft wurde getötet.
Angesichts der chaotischen Zustände am Flughafen von Kabul flog die Bundeswehr zwei Hubschrauber vom Typ Airbus H145M LUH SOF der KSK (Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr) nach Kabul. Diese sollten helfen, Schutzsuchende sicher zum Flughafen zu bringen. Ein Bundeswehr-Offizier teilte nun dem Focus mit, der Einsatz der eigens nach Kabul gebrachten Helikopter sei mittlerweile zu gefährlich. Denn die Gruppe der militant-islamistischen Taliban wüsste nun von den Helikoptern. Geheim war die Mission durch die Ankündigung der Bundeswehr in den sozialen Netzwerken ohnehin nicht mehr. Dort hatte die Bundeswehr selbst diesen Einsatz mit Bildern der Helikopter angekündigt.
Der nicht namentlich genannte Offizier kommentiert das gegenüber dem Focus:
"Es war fatal, die Beladung der Transportmaschinen von der Bundeswehr selbst filmen zu lassen. Diese Aufnahmen sind jetzt auf allen Plattformen im Internet zu sehen. Die neue Generation der Taliban ist clever und wertet jede Nachricht aus."
Mehrere Personen sollen von den Spezialkräften nun zu Fuß zum Flughafen gebracht worden sein. In mehr als 20 Flügen wurden von Deutschland mittlerweile über 2.700 Menschen ausgeflogen. Von Afghanistan aus heben die Flugzeuge zunächst nach Taschkent ab. Unter den bereits evakuierten Personen sollen sich auch drei bereits straffällig gewordene Afghanen befinden, die Deutschland früher abgeschoben hatte. Ihre damaligen Asylanträge waren wegen Vergewaltigung und Rauschgifthandel abgelehnt worden. Deutschland hat aber mittlerweile alle Abschiebungen angesichts der schwierigen Sicherheitslage in Afghanistan bis auf weiteres ausgesetzt. Österreich hatte unlängst erklärt, keine Flüchtlinge aus Afghanistan aufnehmen zu wollen.
Donald Trump hatte noch als US-Präsident einen Friedensvertrag mit den Taliban geschlossen, welchen sein Nachfolger Joe Biden umsetzte und den Truppenabzug des US-Militärs und deren Alliierten besiegelte. Der Ansturm auf den Flughafen in Kabul hält weiter an, denn viele Afghanen fürchten, dass die Evakuierungen bald eingestellt werden könnten und sie dann der Rache der Taliban ausgeliefert sein werden. US-Präsident Biden will den Einsatz der US-Truppen am 31. August endgültig beendet sehen.
Mehr zum Thema - "Ich halte den Kopf hin" – Kramp-Karrenbauer schließt persönliche Konsequenzen nicht aus