Fünf Sessel und eine Plexiglasscheibe, auf der das Wort "Kulisse" in deutscher, polnischer und englischer Sprache eingraviert ist, lassen an eine Projektion wie in einem Kino denken. Die Anordnung der Sessel soll nach der Absicht der Künstlerin suggerieren, dass damit etwas nicht stimme.
Die Installation ist ein Beitrag zu einem künstlerischen Wettbewerb in Görlitz. Aufgebaut ist sie am Rande der Stadt am oberen Ufer des Grenzflusses Neiße. Sie ist von Zgorzelec in Polen aus gut zu sehen. Lisa Maria Baier hat das genutzt, um auf die Frauenrechte in Polen und die Verschärfung des Abtreibungsrechts aufmerksam zu machen. Auf die Plexiglasscheibe hat sie die polnischen Worte "aborcja bez granic" (zu Deutsch: "Abtreibung ohne Grenzen") hinzugefügt.
Doch laut ihrem Entwurf, dessen Realisierung mit dem Ausrichter des Wettbewerbs, der Stadtverwaltung, in Vertragsform vereinbart worden ist, hat die Installation die Filmstadt Görlitz zum Thema. Die Stadt wirft der Künstlerin Vertragsbruch vor, das Werk sei "grundlegend anders" ausgerichtet, und die künstlerische Qualität sei nicht mehr gegeben. Es handele sich um eine "neue Arbeit" – und die sei in ästhetischer Bewertung bei dem Wettbewerb nicht ausgewählt worden.
Lisa Maria Baier ist Meisterschülerin an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. Auf ihrer Webseite sind Beispiele ihrer Arbeiten zu sehen. Aus den Beschreibungen und Anmerkungen lassen sich Rückschlüsse auf ihre Absichten ziehen.
Der Titel der Installation lautet schlicht: Kulisse. "Bei Jedem, der hier lebt und über die Grenze schaut, müsste sich der immer gleiche Film abspielen: dass dort Frauenrechte beschnitten werden und niemand etwas tut." Baier will mit ihren Arbeiten zum Diskutieren anregen. Sie ist Konzeptkünstlerin und Geschlechtergerechtigkeit und Frauenrechte sind in ihrem Werk präsent. "Man hätte es an meinem Portfolio ablesen können", sagte sie. Jährlich zum 8. März lädt sie Frauen zur Mitarbeit ein.
Die Stadt erklärte, man sei "natürlich nicht der Auffassung, dass Kunst nicht politisch sein darf". Zur Debatte stehe nicht die "vollkommen unbenommene Freiheit der Kunst", sondern der geschlossene Vertrag. Gemessen daran stimme das realisierte nicht mit dem prämierten Werk überein.
Görlitz klagte und erhielt Recht vom Verwaltungsgericht Dresden. Seither versperrt ein Bauzaun den Zugang zu der Installation oder macht ihn schwierig. Baier hat beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht Beschwerde eingelegt. Sie hofft, dass die Installation bis zum Juli 2022 stehen bleibt. "Ich habe auf alles, was anti ist, verzichtet. Es ist ein Denkanstoß."
Mehr zum Thema - Polnisches Gericht verurteilt Macher der ZDF-Serie "Unsere Mütter, unsere Väter"
(rt/dpa)