Niedersachsen geht eigenen Weg: Inzidenz nicht mehr alleiniger Maßstab für Corona-Maßnahmen

In dem Beschluss von Bund und Ländern bleibt die Sieben-Tage-Inzidenz weiterhin als Maßstab für die Corona-Maßnahmen. Niedersachsen pochte jedoch auf weitere Kriterien zur Lagebewertung. Nun geht das Bundesland seinen eigenen Weg und will weitere Parameter einbeziehen.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) beharrte auch nach den Beratungen von Bund und Ländern darauf, dass künftig neben der Inzidenz weitere Kriterien zur Bewertung der Corona-Pandemie herangezogen werden müssen. In einer Protokollerklärung zu dem Beschluss, den die Regierungschefs von Bund und Ländern am Dienstag verabschiedeten, heißt es, Niedersachsen halte einen neuen Maßstab zur Einschätzung des Pandemiegeschehens für die Zukunft geboten.

Der Beschluss der Regierungschefs von Bund und Ländern sieht dies nicht vor. Da spielt die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz – die Zahl der neugemeldeten Corona-Fälle in sieben Tagen auf 100.000 Einwohner – als Maßstab weiter eine Rolle. So kann etwa die Regel, dass bestimmte Bereiche nur für Geimpfte, Genesene und Getestete zugänglich sind, erst ab einer stabilen Sieben-Tage-Inzidenz unter 35 ausgesetzt werden.

Nun wurde am Mittwoch bekannt, dass sich Niedersachsen vom seinem Stufenplan verabschiedet, der an der Sieben-Tages-Inzidenz ausgerichtet ist. Die Landesregierung will die Corona-Verordnung bis zum 25. August "neu schreiben", wie der Chef der Staatskanzlei Jörg Mielke (SPD) am Mittwoch in Hannover ankündigte. In ihr soll ein neuer Bewertungsmaßstab aufgenommen werden, der die Häufigkeit der gemeldeten Infektionen (Inzidenz) auch mit anderen Parametern – etwa der Zahl der Corona-Patienten in den Krankenhäusern – in Relation setzt. Über eine geeignete Formel werde noch beraten.

Laut Mielke dürften Inzidenzen als Maßstab für Einschränkungen zumindest für vollständig geimpfte und genesene Bürger keine Rolle mehr spielen. Mittlerweile sei die Hälfte der Menschen in Deutschland vollständig gegen das Coronavirus geimpft, stellte Mielke fest. Für sie könne man weitgehende Einschränkungen nicht mehr rechtfertigen. Mielke erklärte weiter: 

"Für deren Freiheiten und die Möglichkeiten, sich zu betätigen, spielen Inzidenzen und Stufen, die man daraus ableitet, überhaupt keine Rolle."

Neben geimpften und genesenen Menschen dürften dann auch getestete Personen Vorteile bekommen. 

Niedersachsens Ministerpräsident hatte nach den Beratungen gesagt, die Diskussion um einen neuen Maßstab sei "noch nicht zu Ende". Mit der Protokollerklärung bringe das Bundesland zum Ausdruck, dass es in dieser Frage nicht mit dem Beschluss einverstanden sei, so Weil. Er gehe davon aus, dass einer neuen niedersächsischen Verordnung, die zwischen dem 23. und dem 25. August veröffentlicht werden soll, auch ein neuer Maßstab zugrunde liegen werde. Man prüfe nun verschiedene Modelle und bereite eine Lösung vor. Von Bund und Länder habe er sich "insgesamt eine präzisere Vorbereitung in dieser Frage gewünscht".

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(rt/dpa)