Das Bundesverfassungsgericht (BVG) hat mit seinem Urteil zur Erhöhung der Rundfunkgebühren von 17,50 Euro auf 18,36 Euro im Monat das Veto der Parlamentarier im Landtag von Sachsen-Anhalt einkassiert. Neben der erwartbaren Zustimmung der öffentlich-rechtlichen Sender zur Entscheidung des Gerichts gibt es aber auch deutliche Kritik vonseiten politischer Akteure.
"Wir respektieren diesen Beschluss", kommentierte Reiner Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, das heutige Gerichtsurteil. Allerdings habe es gute Gründe gegeben, dem neu ausgehandelten Staatsvertrag nicht zuzustimmen. Es müsse nun ein neues Einigungsverfahren der Bundesländer geben, bei dem die Belastungen der Bürger durch die COVID-19-Pandemie berücksichtigt würden, so Haseloff weiter.
Ein Landtagsabgeordneter mit freiem Mandat, ergänzt der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, sei nur seinem Gewissen verpflichtet und habe eine eigene Einschätzung der Thematik vorzunehmen. Es sei eine "Dilemmasituation", in der sich die Abgeordneten befänden, "dass man diesen Finanzbedarf zur Kenntnis nehmen darf, und eigentlich nur zustimmen darf, wenn man verfassungskonform handeln will als Parlamentarier". Dies sei ein "Demokratieproblem".
Haseloff ergänzte, dass ein frei gewählter Mandatsträger "schon Zweifel haben" könne, ob man den Ansichten der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) in jedem Fall zustimmen müsse. "Für die Zukunft kann Ähnliches immer wieder neu passieren", so Haseloff.
Der AfD-Fraktionsvorsitzende und Oppositionsführer im Landtag von Sachsen-Anhalt Oliver Kirchner äußerte sich ebenfalls zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts: "Das heutige Urteil ist in mehrerer Hinsicht bizarr. Seit langem weisen Rundfunknutzer auf Qualitätsverluste bei den Öffentlich-Rechtlichen hin. Auch Unzufriedenheiten mit Teilen der Berichterstattung kommen mir immer wieder zu Ohren. (...) Die heutige Erhöhung der Gebühren blendet alle Kritik aus, genauso, wie sie keinen Anreiz zum Sparen und zur Reformierung der teils extremen Gehälter und Pensionen gibt."
"Simulation einer Parlamentsbeteiligung"
Kirchner ergänzte: "Noch viel skurriler aber finde ich den Umstand, dass man hier von einer Simulation einer Parlamentsbeteiligung reden muss. Die AfD-Fraktion hier in Sachsen-Anhalt hatte Ende letzten Jahres immer wieder auf die Notwendigkeit einer Willenserklärung zum Rundfunkstaatsvertrag hingewiesen und auch vor möglichen juristischen Folgen gewarnt. Trotzt aller Mahnungen zog Ministerpräsident Haseloff den Staatsvertrag zurück und machte so eine Entscheidung unmöglich. Eine Entscheidung, welche es vielleicht sowieso nicht gebraucht hätte? Was wäre gewesen, hätten CDU und AfD die Erhöhung im Dezember tatsächlich abgelehnt? Hätte das Verfassungsgericht dann, ebenso wie jetzt, die Beitragsanpassung trotzdem durchgedrückt? Spätestens dann wäre der Skandal perfekt gewesen."
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion Marco Buschmann sieht im Urteil des Bundesverfassungsgerichts eine Schwächung der Landesparlamente. Er erklärte, "dass die Entscheidung die Landtage ein Stück weit entmachtet und die Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (...) massiv stärkt". "Ein Abweichen von ihren Empfehlungen ist praktisch kaum noch möglich", so Buschmann.
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