Der Einsatz in den Flutgebieten ist für viele Helfer keine leichte Angelegenheit. Neben den unmittelbar Betroffenen leiden auch sie nicht selten unter der psychischen Belastung. Innocent Töpper, der mit anderen Helfern vom Landesverband Sachsen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) mehrere Tage lang im Hochwassergebiet unterwegs war, beschreibt es gegenüber dpa so:
"Ich bin schon seit Jahren im Einsatz. Aber ich hätte mir nicht vorstellen können, so etwas in Deutschland zu erleben. Das sprengt alle Vorstellungskraft."
Was im Ahrtal geschehen ist, sei eher ein Tsunami als ein Hochwasser gewesen, so Töpper weiter. Dabei seien es nicht nur die Bilder, die in den Köpfen hängen blieben. Es seien "auch die Geräusche vom rauschenden Wasser und der Geruch nach feuchtem Mauerwerk, nach Schlamm und Verwesung".
Die Einsatzkräfte seien zwar geschult und vorbereitet, aber was sie im Ahrtal erlebt haben, hätte viele dennoch geschockt. Auch sie hätten jede Menge zu verarbeiten, wenn ihnen Bewohner von ihren Erlebnissen berichten, von dramatischen Szenen, von Toten, freigespülten Särgen. Oder etwa, wenn sie Menschen bei der Identifizierung von Leichen begleiten oder Betroffenen zur Seite stehen, deren Haus abgerissen wird.
Ähnlich beschreibt es auch Ramona Kretschmann, die als Kriseninterventionskraft des DRK mehrere Tage im Einsatz war. In erster Linie ginge es darum, für die Betroffenen da zu sein und ein Ohr für sie zu haben. Die Helferin sagt:
"Sie [die Betroffenen] sind froh, wenn sie jemanden zum Reden haben, dem sie ihr Leid und ihre Probleme erzählen können. Einige Bewohner sind sehr aktiv und räumen mit einem unglaublichen Elan auf. Andere sind in einer Art Schockstarre."
Zu Kretschmanns Aufgaben gehört aber auch die psychologische Betreuung von Einsatzkräften, die bei der Rettung von Verletzten oder der Bergung von Toten geholfen haben. Man achte in diesen Gesprächen "auf Warnsignale, die sich mitunter auch hinter Galgenhumor verstecken können", berichtet sie. Es seien mitunter gerade junge Helfer, die unter dem Erlebten besonders litten.
Alexander Strombach vom hessischen Landesverband im Arbeiter-Samariter-Bund berichtet gegenüber dpa, dass es für alle Helfer seiner Organisation 48 bis 72 Stunden nach Einsatzende eine "Nachbesprechung" mit psychologisch geschulten Betreuern gebe. Dabei gehe es vor allem darum, über das Erlebte zu reden und Lösungen zu finden, wie man mit Bildern, Geräuschen und Gerüchen, die aus dem Einsatzgebiet mitgebracht werden, umgeht.
Doch bei rund zehn Prozent der Rückkehrer säßen die Probleme tiefer. Bei ihnen bildeten sich die Symptome und Eindrücke auch nach vier bis sechs Wochen nicht auf ein "nicht belastendes Maß" zurück, so dass weitere Hilfe bis hin zu einer Psychotherapie angeboten werde. Ein weiteres Ziel der Gespräche sei es daher, diese Menschen zu erkennen. Strombach erklärt es so: "Je früher in diesen Fällen die Intervention startet, desto wirksamer ist sie."
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(dpa)