Nach der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz ist die Zahl der Toten auf 50 gestiegen. Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Koblenz sagte am Freitagmorgen:
"Die Befürchtung ist, dass es noch mehr werden."
Die Bergungsarbeiten gehen weiter. Wie viele Menschen insbesondere in der Region um Bad Neuenahr-Ahrweiler noch vermisst werden, konnte der Sprecher nicht genau sagen. Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) hatte am Donnerstagabend davon gesprochen, dass das Schicksal von 40 bis 60 Menschen weiterhin ungeklärt sei. Der Kreis Ahrweiler hatte sogar von 1.300 vermissten Menschen im Kreisgebiet gesprochen. Eine Sprecherin erklärte dies auch mit einem teilweise lahmgelegten Mobilfunknetz. Daher gebe es keinen Handy-Empfang und viele Menschen seien nicht erreichbar.
Hochwasserlage in Erftstadt in NRW spitzt sich dramatisch zu
Stundenlanger Starkregen hatte zu einem verheerenden Hochwasser in Nordrhein-Westfalen (NRW) und Rheinland-Pfalz geführt. Aus kleinen Flüssen wurden reißende Wassermassen. Das NRW-Innenministerium sprach am späten Donnerstagabend von 30 Toten. Besonders dramatisch ist die Hochwasserlage am Freitag in Erftstadt, wo mehrere Häuser eingestürzt sind. Ursache seien massive und schnell fortschreitende Unterspülungen der Gebäude. Laut einem Bericht des Westdeutschen Rundfunks (WDR) werden mehrere Menschen vermisst.
Beim Einsturz von Häusern in Erftstadt-Blessem sind Menschen ums Leben gekommen. "Es gibt Todesopfer", sagte eine Sprecherin der Bezirksregierung Köln am Freitag.
In Nordrhein-Westfalen lief kurz vor Mitternacht die Rurtalsperre über, "mit einer geringen Dynamik", wie der Wasserverband Eifel-Rur (WVER) mitteilte. Dadurch sei im Unterlauf der Rur mit Überschwemmungen sowie Überflutungen von Häusern und Kellern zu rechnen. Der Wasserverband warnte, Menschen sollten sich nicht in Flussnähe aufhalten, da die Gefahr bestehe, mitgerissen zu werden. Auch sollten vollgelaufene Keller nicht betreten werden, weil die Gefahr von Stromschlägen bestehe. An besonders von Hochwasser betroffenen Stellen sei mit Evakuierungen zu rechnen.
Die Rettungskräfte setzen unterdessen die Suche nach Vermissten fort. Die Bundeswehr hat zur Unterstützung inzwischen etwa 900 Soldaten in die Katastrophengebiete in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz geschickt.
Im heftig betroffenen Kreis Euskirchen in NRW soll ein Gutachter am Freitag erneut die Steinbachtalsperre unter die Lupe nehmen. Der Wasserstand war am Donnerstagabend durch Abpumpen zwar gesunken. Die Brauchwasser-Talsperre, deren Damm tiefe Furchen aufweist, war von einem Sachverständigen am Vortag als "sehr instabil" eingestuft worden. Deswegen wurden aus Sicherheitsgründen mehrere Ortschaften evakuiert. Betroffen waren rund 4.500 Einwohner.
Unwetter mit Hochwasser verursacht Schäden in Milliardenhöhe
Bund und Länder wollen rasch helfen, um die immensen Zerstörungen zu beseitigen. Das nordrhein-westfälische Landeskabinett berät hierüber am Freitag in einer Sondersitzung. Rheinland-Pfalz hat bereits als kurzfristige Unterstützung 50 Millionen Euro bereitgestellt, um etwa Schäden an Straßen, Brücken und anderen Bauwerken zu beheben.
In den Hochwassergebieten gehen an diesem Freitag die Aufräum- und Bergungsarbeiten weiter. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes Gerd Landsberg sagte dem Magazin Kommunal über die Flutkatastrophe:
"Das ist eine einmalige Katastrophe mit bisher nicht gekanntem Ausmaß. Es geht nach dem Schadensbild um Milliarden Euro."
Es müsse jetzt darum gehen, den Menschen, die teilweise alles verloren hätten, aber auch den betroffenen Kommunen, deren Infrastruktur zerstört sei, schnell und unbürokratisch zu helfen. Hier vertraue man auf die bereits erklärten Zusagen des Bundes und der betroffenen Länder.
Bundeskanzlerin Merkel sicherte den Betroffenen in den Hochwassergebieten Hilfen zu. Nach einem Treffen mit US-Präsident Joe Biden am Donnerstag in Washington sagte Merkel:
"Wir werden sie in dieser schwierigen, schrecklichen Stunde nicht alleine lassen und werden auch helfen, wenn es um den Wiederaufbau geht."
Sie habe mit Finanzminister Olaf Scholz (SPD) bereits über Hilfen gesprochen. Merkel sprach von einer Tragödie.
Zusatz:
Die Zahl der Unwettertoten ist in Nordrhein-Westfalen auf mindestens 43 gestiegen. Das hat das NRW-Innenministerium am Freitag auf Anfrage mitgeteilt. Bislang war die Zahl auf mindestens 30 beziffert worden. Damit steigt die Zahl der Todesopfer der Flutkatastrophe bisher mindestens 93. Mit weiteren Opfern muss wahrscheinlich gerechnet werden.
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(rt/dpa)