In zwei Wochen beginnt die Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts über fragwürdige Äußerungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Thüringen-Wahl im Februar 2020. Diese hatte die AfD als Verletzung der "Neutralitätspflicht" aufgefasst. Konkret geht es um die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich mit Stimmen von AfD, CDU und FDP zum Regierungschef in Thüringen am 5. Februar 2020. Für die Juristen steht die Frage im Raum, inwiefern Merkel am 6. Februar 2020 bei einem Staatsempfang in Südafrika die Vorgänge bei der Kemmerich-Wahl beeinflusst hat. Sie bezeichnete diese als "unverzeihlich" und betonte, das Ergebnis müsse "rückgängig gemacht werden".
Eine Mitschrift der Pressekonferenz stand auf der Internetseite der Kanzlerin und der Bundesregierung. Aus Sicht der AfD haben beide damit ihre Neutralitätspflicht verletzt. Kemmerich trat drei Tage nach seiner Wahl unter Druck zurück.
Nun hat die AfD einen Befangenheitsantrag gegen die zuständigen Richterinnen und Richter eingereicht. Der Besuch einer Delegation des Gerichts im Bundeskanzleramt Ende Juni sei der Grund dafür, wie der AfD-Bundesvorstand am Freitag mitteilte. Dass sich ausgerechnet Doris König, die Vorsitzende des Zweiten Senats, und vermutlich auch andere zuständige Juristen "mit der Beklagten auf deren Einladung und faktisch auf deren Kosten zum Abendessen treffen, wirft die Frage auf, ob sie in diesen Verfahren weiterhin als unbefangen betrachtet werden können", hieß es weiter.
Ein Gerichtssprecher in Karlsruhe bestätigte am Samstag, dass ein Ablehnungsgesuch eingegangen sei. Weitere Details wurden nicht mitgeteilt, auch der weitere Verlauf des Verfahrens ist derzeit nicht klar. Am 1. Juli hatten Vertreter des Verfassungsgerichts mitgeteilt, dass eine Delegation unter Leitung des Vorsitzenden Stephan Harbarth und der Vizepräsidentin König am Vortag zu einem Treffen mit Regierungsmitgliedern in Berlin gewesen sei. Der Besuch, bei dem auch ein gemeinsames Abendessen im Kanzleramt stattfand, setze demnach "eine seit vielen Jahren bestehende Tradition fort".
Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel warf Merkel mit der Einladung der Richter "fehlenden Respekt vor rechtsstaatlichen Prinzipien" vor.
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(rt/dpa)