Wie bekannt ist, hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) seinen Stellvertreter Hubert Aiwanger von den Freien Wählern in der vergangenen Woche öffentlich zu einer Rechtfertigung gedrängt, warum dieser sich noch nicht gegen COVID-19 impfen ließ. Aiwanger stellte jedoch klar, dass es sich bei der Impfung um eine persönliche Entscheidung handle. Nun äußerte sich Aiwanger im Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung detailliert und erklärte, dass er kein Impfgegner sei und die Corona-Krise auch nicht auf die leichte Schulter nehme.
So habe er beispielsweise dafür gesorgt, dass in Bayern FFP2-Masken mit deutschem Zertifikat hergestellt werden. Sein Ziel sei es nun, Lösungen zu finden, um "zügig aus dem Bunker wieder herauszukommen". Die Meinungen in der Gesellschaft seien oft widersprüchlich, dennoch sei beispielsweise die Mehrheit der Wähler froh gewesen, dass die Freien Wähler auf die Abschaffung der Maskenpflicht in Schulen hingewirkt haben:
"Wir dürfen uns als Gesellschaft nicht von den Lauterbachs dieser Republik in die Enge treiben lassen."
Man müsse sich nun darauf einigen, dass ein erneuter Lockdown und Maßnahmen wie die Bundesnotbremse nicht wiederkommen, und die "enorme Polarisierung" der Gesellschaft überwinden. Auf die Vorwürfe, dass ihm durch seine Warnungen vor dem öffentlichen Druck auf Menschen, sich impfen zu lassen, nun das Image eines Impfgegners anhafte, entgegnete Aiwanger:
"Daran sieht man, welche Schwarz-Weiss-Denke mittlerweile herrscht. Bist du nicht meiner Meinung, bist du ein ganz Böser und musst an den Pranger gestellt werden. Nach fünfzig Jahren Erziehung zu Toleranz muss man sich schon wundern, wie schnell die öffentliche Meinung auf Leute losgeht, die nicht dasselbe sagen wie einige Fernseh-Virologen."
Aiwanger stellte auch klar, dass er kein Impfgegner sei, und Impfungen bei vielen Krankheiten auch sinnvoll seien, bei anderen vielleicht auch nicht. Dabei verwies er auf die Entscheidung der Ständigen Impfkommission, die Impfungen für Kinder bisher nicht empfohlen habe. Auch für Erwachsene gebe es Beratungen, sodass man den Einzelfall betrachten müsse.
Es sei falsch, auf Ungeimpfte Druck auszuüben, so Aiwanger. Man müsse einfach akzeptieren, dass sich ein gewisser Prozentsatz der Bevölkerung persönlich aus verschiedenen Gründen gegen eine Impfung entschieden habe. Es sei in diesem Fall unklug, Druck auszuüben, damit erreiche man nur Trotz. In der Wissenschaft und in den Pharmakonzernen lief nach Aussage Aiwangers auch einiges schief, da die Empfehlungen zur Impfung je nach Altersgruppe mehrfach geändert wurden. Als Wirtschaftsminister sehe er es jedoch pragmatisch, dass es Lockerungen für Geimpfte gebe. Den Ausdruck "Impfverweigerer" lehne er aber ab:
"Gibt es auch Impfeuphoriker, Impffanatiker, Impferzwinger, Impfleugner?", fragte Aiwanger.
Die Freien Wähler seien für ein Impfangebot, aber gegen einen Impfzwang, denn die "Demokratie leide", wenn man einen "moralischen oder gesetzlichen" Impfzwang einführe. Man müsse stattdessen "den Druck vom Kessel nehmen" und die Leute aufklären. Die Äußerung von Bayerns Ministerpräsident Söder, dass Impfen die einzige Antwort auf Corona sei, findet Aiwanger "zu alternativlos und zu absolut". Man müsse stattdessen "mehr Nüchternheit in die Debatte bekommen" und pragmatische Antworten finden.
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