Bildungsforscher: "Schulaufholprogramme sind ein Tropfen auf den heißen Stein"

Im Interview äußert sich Prof. Dr. Marcel Helbig von der Universität Erfurt als Arbeits- und Sozialrechtswissenschaftler zu den kürzlich auferlegten Programmen von Bund und Ländern und zum geplanten Aufholen des entgangenen Schulstoffs infolge der "Corona-Krise".

Im Interview mit RT äußert sich Prof. Dr. Marcel Helbig von der Universität Erfurt als Arbeits- und Sozialrechtswissenschaftler zu den kürzlich auferlegten Programmen von Bund und Ländern zum Aufholen des Schulstoffs infolge der "Corona-Krise".

Was hat er grundsätzlich zu kritisieren?

"Wir haben mittlerweile 15 Monate Pandemie – in der Schule nicht so lief, wie sie laufen sollte. Doch die neu auferlegten Programme implizieren das nicht – sie gehen von einem normalen Schuljahr aus. Doch wir müssten ehrlich sein und sagen: Wir konnten diesen Stoff gar nicht erarbeiten. Daher trifft es die Terminologie 'aufholen/nachholen' nicht." 

Zu den unterschiedlichen Programmen der einzelnen Bundesländer meinte er:

"Diese Programme stehen zum Teil noch gar nicht. Aber klar ist jetzt schon: Es gibt viel zu wenig pädagogisches Personal – und ist daher nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Der Lehrermangel – der bereits vor Corona da war – ist nicht einfach verschwunden."

Als Verbesserungsvorschläge für die Programme nannte Helbig:

"Wir brauchen einen Perspektivwechsel: Alle Schüler sollten mehr Zeit bekommen – vor allem für soziale Belange!"

Angesprochen auf eine Anpassung der Notengebung, erwiderte Helbig:

"Das Benoten während der Pandemie war nicht zielführend – denn unklar ist, wie hoch der Beitrag der Eltern bei den Arbeiten waren."

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