Zwar sank die Zahl der Abtreibungen von 2010 bis 2020 in absoluten Zahlen leicht. Das liegt aber nur daran, dass die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter von 2010 bis 2019 um rund 1,59 Millionen (2010: 18,5 Millionen, 2019: 16,8 Millionen) gesunken ist. Dennoch ist in Relation gemessen in der Zahl der Abtreibungen pro Kopf gestiegen.
Nach Informationen des Statistischen Bundesamts (StBA: destatis.de) waren sieben von zehn Frauen (71 Prozent), die 2020 einen Schwangerschaftsabbruch durchführen ließen, zwischen 18 und 34 Jahre alt.
2020 wurden in Nordrhein-Westfalen 20.705 Schwangerschaften künstlich abgebrochen. Damit entfiel auf das bevölkerungsreichste Bundesland rund ein Fünftel der deutschlandweit vorgenommenen 99.948 Fälle. Rund 96 Prozent der Abbrüche erfolgte nach einer Beratung durch eine staatlich anerkannte Organisation. Medizinische oder kriminologische Indikationen waren in knapp vier Prozent aller Fälle der Grund für einen Abbruch. Etwa ein Achtel der 29 Schwangerschaftsabbrüche infolge eines Sexualdelikts entfiel in diesem Jahr auf Hessen.
Besonders hoch war im Jahr 2020 die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Berlin. In der Bundeshauptstadt ließen 116 von 10.000 Frauen im gebärfähigen Alter eine Abtreibung vornehmen. Drei Viertel der Frauen waren dabei jünger als 35 Jahre. Damit lag die relative Zahl an Schwangerschaftsabbrüchen in Berlin mehr als 96 Prozent über dem Bundesdurchschnitt von 59 Abtreibungen pro 10.000 Frauen im gebärfähigen Alter. Die wenigsten Abtreibungen pro 10.000 Frauen gab es in Rheinland-Pfalz mit 39, Baden-Württemberg mit 44 und Bayern mit 45. Auch die Zahl der Abtreibbungen pro 1.000 Geborene ist zuletzt wieder gestiegen. Sie lag 2020 bundesweit bei 127,7, in Berlin bei 243.
Für des Sozialpolitiker René Springer (MdB, AfD) sind diese Zahlen auch ein Beleg für eine Dysfunktion des Sozialstaates. Er sagt:
"Seit Jahren werden in Deutschland jährlich rund 100.000 ungeborene Kinder abgetrieben. Das entspricht der Einwohnerzahl einer Großstadt. Ich stehe für eine Willkommenskultur für Kinder. Die Wege zur Adoption sollen erleichtert und die Möglichkeiten der anonymen Geburt weiter ausgebaut werden."
Außerdem müssten bundesweit ausreichend viele "Babyklappen" zur Verfügung stehen. Die verpflichtende Schwangerschaftskonfliktberatung sei in vielen Fällen zu einem formalen Verwaltungsakt geworden und werde heute teils sogar telefonisch oder online durchgeführt. Das erleichtere Abtreibungen, anstatt werdende Mütter dabei zu unterstützen, sich für das Leben ihrer Kinder zu entscheiden.
Die Initiative "Aktion Lebensrecht für Alle" (ALfA) bezeichnete in einer Stellungnahme die offizielle Abtreibungsstatistik als "entlarvend". Besonders erschütternd sei dabei der Anteil der chemischen Abtreibungen, bei denen die Frau selbst abtreibt. Die ALfA-Vorsitzende Cornelia Kaminski sagt:
"Wer angesichts der Zahlen immer noch davon spricht, die Gesetzeslage in Deutschland sei zu wenig liberal und nicht frauenfreundlich genug, handelt in Wahrheit frauenfeindlich. Frauen leiden an Abtreibungen, nehmen hohe gesundheitliche Risiken bis hin zum Tod durch Abtreibungspräparate in Kauf und Kinder sterben dabei."
Stattdessen ist nach Ansicht dieser Organisation für ein Lebensrecht die Gesellschaft aufgefordert, dieses Leid durch bessere Beratung und mehr Unterstützung einzudämmen.
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