Seehofers Impfdebakel: 70.000 Bundesbedienstete müssen auf Impfung warten

Es galt als der große Wurf von Innenminister Horst Seehofer (CSU): 70.000 Angestellte und Beamte aus 20 Bundesbehörden sollten geimpft werden. Es scheiterte am Kleingedruckten im Vertrag mit einer Firma. Die Rede ist von einem "unvertretbaren, haushalterischen Risiko".

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung, des NDR und des WDR ging es um die möglichst unbürokratische Impfung von rund 70.000 Bundesbeamten und Bediensteten. Von den Schlapphüten des Verfassungsschutzes bis zu den Mitarbeitern im Amt für Bauwesen.

Das Bonner Unternehmen BAD Gesundheitsvorsorge sollte die Sache übernehmen. Ähnlich wie bei privaten Firmen sollte in den Behörden vor Ort geimpft werden. Nach eigenen Angaben betreut die Bonner GmbH rund vier Millionen Beschäftigte in 280.000 Betrieben. Als größter Anbieter von Dienstleistungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz unterstützt BAD zudem Unternehmen bei der Organisation und Durchführung von Corona-Tests.

Seit dem 19. April sind Arbeitgeber verpflichtet, ihren Beschäftigten Corona-Tests anzubieten. So auch der Bund. Prinzipiell können PCR-Tests, Antigen-Schnelltests sowie Antigen-Schnelltests zur Laienanwendung (Selbsttests) verwendet werden. Allerdings müssen PCR-Tests durch medizinisches Fachpersonal entnommen und durch ein Labor ausgewertet werden. Antigen-Schnelltests werden durch geeignetes, eingewiesenes Personal durchgeführt und direkt vor Ort ausgewertet. BAD-Expertinnen und -Experten bringen diese Voraussetzungen mit.

Offensichtlich war jedoch die vertragliche Ausgestaltung, was die Impfung seiner Bediensteten angeht, dem Innenminister nicht passgenau genug. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung habe das Innenministerium in einem Rundschreiben vom 2. Juni wissen lassen, dass man nun nach Alternativen suche. Die Kosten würden sich auf 36 Euro pro Impfung belaufen, für Erst- und Zweitimpfung also zusammen 72 Euro. Zudem zitiert das Blatt ein Protokoll einer Besprechung vom 25. Mai. Hierin würden die hohen Stornierungskosten moniert. Es handele sich um ein "unvertretbares, haushalterisches Risiko". Gemeint war offenbar eine Ausfallentschädigung, sollte sich ein zu Impfender nicht zu einem von der Firma angesetzten Termin impfen lassen. Bis dahin bleibe "die Möglichkeit, sich an die Impfzentren oder die Hausärzte zu wenden".

BAD-Geschäftsführer Professor Bernd Witte bietet auf seiner Webseite weiterhin Impfungen an:

"Lange Wege und Wartezeiten bleiben aus, die Impfungen werden an dem Ort angeboten, an dem die Beschäftigten tätig sind."

Dies trage auch zur Entlastung regionaler Impfzentren bei. Durch den engen Kontakt zu Entscheidern in den Unternehmen könne man im Vorfeld zielgenau über die Impfkampagne informieren und damit die Kommunikationsanstrengungen von Bund und Ländern sinnvoll ergänzen. Daran ist Horst Seehofer nun offensichtlich nicht mehr interessiert.

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