Am Mittwoch hatte sich der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung in Rheinland-Pfalz, Peter Heinz, dafür ausgesprochen, dass vollständig gegen Corona Geimpfte von der Maskenpflicht befreit werden sollen. Damit solle eine drohende Impf-Müdigkeit bekämpft werden durch das Schaffen zusätzlicher "Anreize zum Impfen". Ansonsten "bleiben wir irgendwann mit dem Impfen stecken", äußerte Heinz gegenüber der Rhein-Zeitung. Zudem gebe es "sachlich keinen Sinn mehr, als zweifach Geimpfter eine Maske zu tragen".
Scharfe Kritik daran kommt nun von Karl Lauterbach. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagte der SPD-Politiker, der Vorschlag gehe "in eine völlig falsche Richtung". Die Maskenpflicht müsse für Geimpfte bestehen bleiben. Lauterbach argumentiert:
"Auch vollständig Geimpfte können sich anstecken und selbst auch andere gefährden. Hier besteht ein nicht unerhebliches Restrisiko."
Darüber hinaus befürchtet Lauterbach, die generelle Maskenpflicht lasse sich im Alltag kaum noch wirksam kontrollieren, wenn es Ausnahmen gebe. Grundsätzlich spreche er sich dennoch für eine "Aufhebung massiver Grundrechtseinschränkungen für Geimpfte" aus.
"Milde Eingriffe wie das Maskentragen sind aber weiterhin vertretbar, um eine weitere Spaltung der Gesellschaft zu verhindern."
Der SPD-Politiker argumentierte mit dem Beispiel der USA, wo das Maskentragen für vollständig Geimpfte in vielen Fällen nicht mehr vorgeschrieben ist. Er entgegnete, dass in Deutschland eine andere Lage vorherrsche. Während in den USA die Impfbereitschaft in der breiten Bevölkerung zu gering sei, gebe es in Deutschland hingegen eine hohe Impfbereitschaft, aber derzeit zu wenig Impfstoff. Lauterbach ist sich sicher, dass "Anreize zum gegenwärtigen Zeitpunkt gar keinen Sinn" ergeben.
Kritik an dem Vorstoß von KV-Chef Peter Heinz kommt auch von dem Grünen-Politiker Janosch Dahmen. Er bezeichnete den Vorschlag, Geimpfte von der Maskenpflicht zu befreien, als "äußerst riskant". Dahmen betonte gegenüber dem RND, dass es überall und für alle gelten müsse:
"Solange wir keine Niedriginzidenzwerte erreicht haben, erhöht jeder zusätzliche ungeschützte Kontakt von ungeimpften Menschen mit geimpften Menschen die Wahrscheinlichkeit von neuen Mutationen, was dazu führen kann, dass die Impfstoffe weniger wirksam werden."
Der Grünen-Politiker warnte, in Deutschland gebe es "noch immer etwa 50 Millionen ungeimpfte Bürger". Es herrsche eine "Impfstoffknappheit, gemessen am eigentlichen Bedarf".
Der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, bezeichnete laut dpa den Vorschlag von Heinz als "ordnungspolitische Katastrophe" – dadurch wäre die Maskenpflicht nicht mehr zu kontrollieren. Eine derartige Diskussion spiele den Corona-Kritikern in die Hände, sorge für Frust und sei "fahrlässig". Brysch argumentierte:
"Wir können schlecht unsere Impfausweise vor uns hertragen."
Die politische Debatte um die Maskenpflicht geht derweil weiter. Gestern entschied der Bundestag, dass Kinder unter 16 Jahren – unabhängig von einer Impfung – nicht mehr zwingend eine FFP2-Maske im ÖPNV tragen müssen. Zukünftig reiche eine medizinische Maske aus. Grundsätzlich bleibt die Maskenpflicht für Kinder ab sechs Jahren aber bestehen.
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