Greenwashing: Wie Verbraucherschützer Firmen bei ihrer Umweltwerbung überwachen

Das neue Wort "Greenwashing" (engl. für "grünwaschen" in Analogie zu "weißwaschen") wird oft von Verbraucherschützern verwendet, um die für Produkte großer Unternehmen reklamierte Umweltverträglichkeit zu entlarven. Vielen Firmen drohen Klagewellen. Die Macht der grünen Verbraucherschützer wächst.

Wenn es früher die schlechte Qualität war, an der sich die Wettbewerbshüter stießen, so sind es heute die schlechten Sozialstandards und die überzogenen Versprechen von angeblicher CO2-Nachhaltig für Produkte mancher Unternehmen. Wenn große Unternehmen heute mit dem Wort "klimaneutral" werben, muss das nicht immer stimmen. Als Hüter der Wahrheit sieht sich neuerdings mehr und mehr auch die Wettbewerbszentrale mit Sitz in Frankfurt am Main. Sie ist nach eigener Einschätzung die "größte und einflussreichste Selbstkontrollinstitution für fairen Wettbewerb". Nur wer kontrolliert die Kontrolleure?

Getragen wird die "Wettbewerbszentrale e. V." als gemeinnützige Organisation von mehr als 1.200 Unternehmen und über 800 Kammern und Verbänden der Wirtschaft. Sie finanziert sich allein aus Mitteln der Wirtschaft. Sie erhält keine öffentlichen Mittel. Sie versteht sich als branchenübergreifend, neutral und unabhängig. Sie setzt Wettbewerbs- und Verbraucherschutzvorschriften im Markt notfalls per Gericht durch. Somit hat sie unbestreitbar eine große Macht.

Als etwa Opel bei einem Insignia-Modell vor einem wunderschönen Wasserfall auf den besonders umweltfreundlichen CO2-Ausstoß hinweist, rief das die Prüfer der Wettbewerbszentrale auf den Plan. Ähnlich, wenn die Autobauer von VW in einer Broschüre ihren Phaeton mit 239 Gramm CO2 pro Kilometer beschreiben, der mit seinem V6-TDI-Motor nur geringe Schadstoffmengen ausstoße. Sofort wurde mit Klagen gedroht.

Neuerdings hagelt es auch Unterlassungserklärungen von der Wettbewerbszentrale. Mehr als ein Dutzend Abmahnungen verschickte sie wegen Verbrauchertäuschung in den vergangenen Wochen. Gerd Billen, Chef beim "Verbraucherzentrale Bundesverband e. V.", attackiert Firmen mit millionenschweren Forderungen und Strafen. Die Verbraucherschützer nutzen dabei immer häufiger das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), das die Täuschung von Konsumenten verbietet.

Der Edeka-Tochter "Marktkauf" etwa schickte die Hamburger Verbraucherzentrale gleich fünf Unterlassungserklärungen. Als "öko" beworbene  Kühlschränke wären es angeblich nicht. Karstadt kapitulierte, weil ein Notebook mit "Super Hybrid Engine" in der Werbung angeblich 35 Prozent weniger Strom verbrauche. Es fehlte der konkrete Vergleich.

Werbungen im Zusammenhang mit der Aussage "klimaneutral" sind für die Zentrale oft irreführend und intransparent. So betreibt sie mittlerweile eine ganz eigene Klima- und Wirtschaftspolitik. 

Das gilt auch beim Thema Klimaneutralität. Die Wettbewerbszentrale hat Beschwerden zur Werbung mehrerer Unternehmen, darunter auch namhafter Markenhersteller, mit der Aussage "klimaneutral" entgegengenommen. In bislang zwölf Fällen hat sie daraufhin Werbeaussagen als irreführend abgemahnt und die Einhaltung gesetzlicher Transparenzvorschriften verlangt. In der Pressemeldung der Zentrale heißt es:

"Sechs Unternehmen haben sich verpflichtet, die monierten Werbeaussagen nicht zu wiederholen. In vier Fällen hat die Wettbewerbszentrale Unterlassungsklage eingereicht, und zwar wegen der Aussagen: 'Erster klimaneutraler Lebensmitteleinzelhändler' und 'wir handeln klimaneutral', zu Plastik-Müllbeuteln, die selbst als 'klimaneutral' beworben werden, zu 'klimaneutralem Premium-Heizöl' und zu der Aussage 'klimaneutrales Produkt'."

Andere Verfahren laufen noch. In weiteren beanstandeten Fällen würde die angebliche "Klimaneutralität" aber lediglich ein rechnerisches Ergebnis darstellen, das lediglich durch den käuflichen Erwerb von CO2-Ausgleichszertifikaten erreicht werde. Das macht übrigens die Bundesrepublik auch auf staatlicher Ebene bei der Kohleverstromung. Das stört die Klimafahnder von der Verbraucherzentrale allerdings nicht. Denn bei den kritisierten Produktbewerbungen würden schließlich mit den "Zertifikaten Maßnahmen in Entwicklungs- und Schwellenländern ohne jeglichen Zusammenhang zum werbenden Unternehmen oder seinen Produkten unterstützt". Als negative Beispiel werden das Pflanzen von Bäumen in Uruguay genannt oder saubere Kochherde in Ghana oder der Paranussanbau in Peru. Derartige Werbemaßnahmen hält die Wettbewerbszentrale für irreführend.

Außerdem bliebe in den beanstanden Werbemaßnahmen offen, wie hoch der Anteil der klimaschützenden Maßnahmen sei, die das eigene Unternehmen und dessen Produkte betreffen. CO2-Zertifikate für Umweltschutzprojekte in Entwicklungs- und Schwellenländern seien deutlich kostengünstiger als Zertifikate für Projekte in der EU und in Deutschland. Dr. Reiner Münker, geschäftsführendes Präsidiumsmitglied beim Wettbewerbszentrale e. V., fordert auch hier Gerechtigkeit: 

"Unternehmen, die ausschließlich oder zum großen Teil Ausgleichsmaßnahmen in Entwicklungsländern vornehmen, dürfen sich keinen unlauteren Wettbewerbsvorteil gegenüber denjenigen Unternehmen verschaffen, die bereits hohe Investitionen in die weitaus zeit- und kostenaufwändigere aber nachhaltigere Umstellung der eigenen Prozesse tätigen." 

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