Bereits vor zwei Jahren hatte die Berliner Morgenpost über "erfundene Institute" berichtet. Damals hatten die Berliner Universitätsklinik Charité und die Senatsverwaltung für Wissenschaft noch bestritten, dass Rechnungen unter falschen Institutsnamen erstellt worden wären. Später mussten sie ihre "Versehen" eingestehen. Die Berliner Morgenpost berichtet nun am Sonntag ausführlich online.
Diese Zeitung erneuert jetzt den dringenden Verdacht, dass Millionen Euro, die von Privatpatienten für Laborbefunde bezahlt wurden, auf den privaten Konten einiger Charité-Professoren landeten. An einem Beispiel konkretisiert die Zeitung den Verdacht. Ein Professor namens Thomas D. hätte in 788 Fällen Rechnungen für ein "Institut Immunologie, Tumorzentrum, Transfusionsmedizin" gestellt. Das genannte Institut existiert in Wirklichkeit nicht.
Aber immerhin die Frage, wer den Namen des Institutes erfunden hatte, kann die Zeitung mit Verweis auf Belege aus dem Jahr 2011 beantworten: Es muss jener Professor D. selbst gewesen sein. Das zeigen die Belege aus einer Überprüfung der Einträge im Rechnungssystem.
In den Jahren von 2007 bis 2015 soll Professor D. darauf hingewirkt haben, dass Behandlungsverträge nicht mit der Charité, sondern mit einer "Ambulanten Gesundheitszentrum GmbH (AGZ)" abgeschlossen wurden. Auf deren Konten landeten die strittigen Beträge. Die Berliner Morgenpost erfuhr im Dezember vergangenen Jahres von der Charité, dass sie jener AGZ Ressourcen zur Verfügung stellt. Offenbar dauert diese Praxis auch weiterhin an.
Der Vorstand der Charité und die Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft ließen im Jahr 2019 ein Gutachten zu diesen Abrechnungen erarbeiten. Allein dieses Gutachten kostete einen sechsstelligen Euro-Betrag und stellte keinerlei Beleg für Falschabrechnungen fest.
Daraufhin beteuerte Staatssekretär Steffen Krach (SPD), dass das "gesamte Abrechnungssystem der Charité" überprüft worden wäre. "Aber das stimmt so nicht", fährt die Zeitung fort. Es sei zum Beispiel gar nicht untersucht worden, ob Leistungen tatsächlich erbracht wurden. Und wenn doch, von wem sie erbracht wurden. Die wesentliche Frage sei, welche Leistungen Mediziner wie etwa Professor D. selbst erbracht hätten und ob sie diese tatsächlich privat abrechnen durften oder ob unkorrektes Vorgehen mit Billigung des Vorstandes erfolgte.
Abschließend nennt die Berliner Morgenpost genauere Zahlen: Zwischen 2,3 und 3,8 Millionen Euro im Jahr hätte die Charité zwischen 2011 und 2018 mit ambulanten Privatpatienten umgesetzt und abgerechnet, ohne die genauen Posten einzeln aufzuführen.
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