Wagenknecht verteidigt Boris Palmer und bemängelt Umgang mit Corona-Kritikern

"Ein Oberbürgermeister sollte mehr daran gemessen werden, was er real leistet, als an der Makellosigkeit seiner Tweets", sagt Sahra Wagenknecht. Zudem kritisiert sie den Umgang führender Politiker mit den Kritikern der Corona-Maßnahmen.

Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht hat den umstrittenen Tübinger Bürgermeister Boris Palmer (Grüne) gegen den Vorwurf, ein Rassist zu sein, in Schutz genommen. In der Neuen Osnabrücker Zeitung äußerte Wagenknecht, Palmer habe zwar mit seinem Post bei Facebook provoziert und das müsse man nicht gut finden. Dennoch habe er ihn "klar als Satire kenntlich gemacht".

Wagenknecht argumentiert, man solle Palmer an seiner Arbeit als Oberbürgermeister messen – nicht an einem einzelnen Facebook-Post. So habe er in der Corona-Krise mit dem Tübinger Modell einen Erfolg versprechenden Weg aufgezeigt, mehr Freiheiten zu ermöglichen und zugleich das Virus einzudämmen. Wagenknecht betonte:

"Das war beispielhaft. Und ich finde, ein Oberbürgermeister sollte mehr daran gemessen werden, was er real leistet, als an der Makellosigkeit seiner Tweets."

Palmer hatte sich Ende letzter Woche über Facebook satirisch zu dem Streit der beiden früheren Fußballnationalspieler Jens Lehmann und Dennis Aogo geäußert. Dabei bezeichnete er Aogo als Rassisten, der "Frauen seinen Negerschwanz angeboten" habe. Ungeachtet dessen, dass Palmer sich auf einen anderen Post bezog und diesen satirisch karikieren wollte, folgte nach dem Vorfall ein medialer Aufschrei. Er wurde als Rassist bezeichnet, und die Grünen leiteten ein Parteiausschlussverfahren ein. Die Parteivorsitzenden Habeck und Baerbock machten deutlich, dass ein solches Verhalten bei den Grünen untragbar sei. Palmer habe laut Baerbock die "politische Unterstützung verloren".

Neben der Causa Palmer äußerte sich Wagenknecht zum Umgang führender Politiker mit den Kritikern der Corona-Maßnahmen. Exemplarisch griff sie sich die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hervor und kritisierte diese scharf. Wagenknecht nannte es überheblich, jeden, der mit der Corona-Politik der Bundesregierung nicht einverstanden ist, als "COVIDioten" zu diffamieren, wie Esken es getan habe. Die Linken-Politikerin machte deutlich:

"Es kommt Politikern nicht zu, Menschen, die eine andere Meinung haben, zu beschimpfen."

Um mögliche Vorwürfe der Parteinahme zu entkräften, betonte Wangenknecht, dass sie es auch für falsch halte, "wenn 'Querdenker' das Virus verharmlosen und elementare Regeln ignorieren". Sie teile aber die Kritik an "ewigen Lockdowns" sowie die Forderung, "dass die politischen Entscheider sich weniger einseitig beraten lassen".

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