Am frühen Freitagvormittag hat der Bundesrat die Verordnung gebilligt, mit der die Regierung Erleichterungen für Geimpfte und Genesene erreichen will. Der Bundestag hat bereits am Donnerstag zugestimmt. Wenn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Verordnung noch am Freitag unterzeichnet und sie im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird, kann sie bereits in der Nacht zum Sonnabend in Kraft treten.
Hauptsächlich sieht die Verordnung den Wegfall der Ausgangsbeschränkungen und der Minimierung von privaten Zusammenkünften vor. Wer seit mindestens zwei Wochen vollständig gegen das Coronavirus geimpft ist oder vor nicht mehr als einem halben Jahr an COVID-19 erkrankt war und wieder genesen ist, kommt in den Genuss der Lockerungen. Dazu gehört die Befreiung von der Testpflicht in Gegenden mit hohen Infektionszahlen.
Dieser Personenkreis umfasst gegenwärtig zehn Millionen Menschen in Deutschland. Doch betreffen die Lockerungen nicht das Abstandsgebot und auch nicht die Maskenpflicht.
Die Süddeutsche Zeitung berichtet von einer Umfrage zu der Akzeptanz der Lockerungen. 40 Prozent halten sie für falsch. 55 Prozent sagen, sie gehen in die richtige Richtung. Die Befürworter sind sich nicht über den richtigen Zeitpunkt einig. Gut die Hälfte vertritt die Meinung, die Lockerungen sollten erst kommen, wenn mehr Menschen die Chance zur zweiten Impfung hätten. (Die Umfrage wurde von Infratest dimap durchgeführt.)
Zu den Befürwortern der Lockerungen in der Regierung gehört besonders Justizministerin Christine Lambrecht (SPD). Sie erklärte am Donnerstag im Bundestag, dass seit über einem Jahr "deutlich und intensiv" die Grundrechte eingeschränkt werden. Das Anliegen, Leben zu schützen, sei selbstverständlich richtig. Es falle als Begründung für die Einschränkungen jedoch weg, wenn von Geimpften und Genesenen eine deutlich geringere Gefahr als von anderen ausgehe. "Wir alle müssen gemeinsam daran arbeiten, dass diese Schritte in die Normalität alsbald nicht nur für Geimpfte und Genesene gelten."
Der Bundestagsabgeordnete Ulrich Oehme (AfD) bezweifelte, dass der Lockdown eine Auswirkung auf die Ausbreitung des Virus hat. Er warf der Regierung vor, die Bevölkerung zu verängstigen und gegeneinander auszuspielen.
Eine Erwiderung kam von Kanzleramtschef Helge Braun (CDU). Wenn die Pandemie erst einmal besiegt ist, "brauchen wir überhaupt nicht zwischen solchen und solchen in der Gesellschaft zu unterscheiden." Wenn es aber fortgesetzt ein hohes "Infektionsgeschehen" gibt, dann bleibe das Dilemma, dass Geimpfte ein deutlich reduziertes Risiko haben, es aber Gruppen mit einem sehr hohen Risiko gebe.
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