In den letzten Wochen und Monaten wurde kaum ein Thema so häufig diskutiert wie der AstraZeneca-Impfstoff und die damit verbundenen Nebenwirkungen. Bisher wurden in Deutschland (Stand 21. April) 63 Fälle von teilweise tödlichen Hirnvenenthrombosen nach Verabreichung des AstraZeneca-Impfstoffs bekannt, doch die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA hält bekanntermaßen an dem Impfstoff fest, da die Vorteile "die Risiken überwiegen". Die Ständige Impfkommission empfiehlt, den Impfstoff nur noch Personen über 60 Jahren zu verabreichen.
Dennoch wurde das Vakzin unabhängig von der Impfpriorisierung in mehreren Bundesländern wie Bayern, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin für Personen ab 18 Jahren freigegeben. Das heißt, dass sich auch jüngere Menschen nach einem Beratungsgespräch mit einem Arzt impfen lassen können. Dabei stellt sich natürlich die Frage, wer für mögliche auftretende Impfschäden haftet.
Bekanntermaßen haben sich die Pharmakonzerne von der EU weitestgehend von den Haftungsrisiken befreien lassen, weshalb die einzelnen EU-Staaten die finanziellen Folgen für etwaige durch Corona-Impfungen erlittenen Gesundheitsschäden tragen sollten. Laut Bundesgesundheitsminister sei die Haftung für Impfschäden im Infektionsschutzgesetz geregelt.
Gegenüber dem Nachrichtensender ntv bestätigte die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein, dass bei Nebenwirkungen nach einer Corona-Impfung die jeweilige Krankenkasse für die Behandlungskosten haftet. Wenn durch die Impfungen jedoch langfristige Nebenwirkungen entstehen und der Betroffene möglicherweise sogar berufsunfähig wird, ist die Regelung laut Rechtsanwältin Britta Konrad alles andere als klar:
"Da ist der Staat raus, weil er AstraZeneca für unter 60-Jährige ja nicht empfohlen hat", sagte die Medizin-Anwältin gegenüber ntv.
Für die Betroffenen bedeutet dies, dass sie keinen Schadensersatz und auch keinen Ausgleich für die verminderte spätere Rente bekommen würden, denn die Ständige Impfkommission empfiehlt AstraZeneca nur für Personen, die älter als 60 Jahre sind. Laut Bundesgesundheitsministerium können sich Jüngere nur nach sorgfältiger Aufklärung durch einen Arzt bei einer individuellen Risikoanalyse impfen lassen. Damit gehe die Haftung theoretisch an einen Dritten, nämlich den impfenden Arzt, über. Da dieser im Aufklärungsgespräch nach schriftlicher Bestätigung auf alle Risiken hingewiesen hat, ist er jedoch ebenfalls nicht haftbar zu machen.
Somit könnte der Patient am Ende auf den finanziellen Folgekosten sitzen bleiben. Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein stellte jedoch fest, dass das Bundesgesundheitsministerium durchaus klarstellen könne, dass "die gesetzliche Haftung des Landes auch für Impfschäden bei solchen Personen greifen würde". Vom Bundesgesundheitsministerium gab es bisher aber noch keine Aussage dazu.
Sollte ein Impfschaden anerkannt werden, haben die Betroffenen Anspruch auf Heilbehandlungen und Schadenersatz in Form von Rentenzahlungen. Die Höhe der Rente richtet sich dabei danach, wie schwer die Schädigung ist. Die monatlichen Sätze liegen bei 156 Euro bis maximal 811 Euro. Hinzu können weitere verschiedene Zulagen in Höhe von maximal monatlich 626 Euro kommen sowie im Fall von beruflichen Einkommenseinbußen eventuell Anspruch durch den sogenannten Berufsschadensausgleich. Auch Angehörige von Personen, die infolge der Impfung verstarben, hätten nach dem Bundesversorgungsgesetz Anspruch auf Versorgungsleistungen.
Ob der in den Verträgen vereinbarte Haftungsausschluss für die Pharmakonzerne juristisch klar geregelt ist, ist allerdings auch unter Anwälten umstritten. Rechtsanwalt Joachim Cäsar-Preller vertritt Patienten, bei denen es nach einer Corona-Impfung zu schweren Nebenwirkungen gekommen ist. Im Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland erklärte er, dass die Ansprüche von Impfgeschädigten gegenüber den Herstellern durch die Verträge nicht berührt werden können:
"Ein solcher Haftungsausschluss hätte bei Impfschäden keinerlei Relevanz."
Normalerweise müsse in einem solchen Fall der Geschädigte nachweisen, dass der gesundheitliche Schaden durch die Impfung entstanden ist, was oft nicht so leicht sei. Wenn jedoch Nebenwirkungen auftreten, über die bereits mehrfach berichtet wurde, könne es aber anders aussehen: Dann müsse nach Ansicht des Rechtsanwalts der Hersteller nachweisen, dass kein Zusammenhang zwischen der Nebenwirkung und der Impfung besteht. Auch wenn sich jüngere Personen freiwillig mit AstraZeneca impfen lassen, sind laut Cäsar-Preller weder der Hersteller noch der Staat automatisch aus der Verantwortung für Impfschäden entlassen.
Nach eigenen Angaben vertritt der Anwalt derzeit eine Geschädigte und die Angehörigen einer Frau, die nach den Corona-Impfungen verstorben sind. Die Betroffenen waren beziehungsweise sind unter 60 Jahre alt, und die Fälle ereigneten sich, nachdem bereits Zweifel an der Sicherheit des AstraZeneca-Vakzins öffentlich gemacht worden waren. Derzeit befinde man sich noch in außergerichtlichen Verhandlungen mit dem Hersteller.
Falls eine Person nach der Impfung stirbt, empfiehlt der Jurist den Angehörigen zudem, umgehend zu reagieren: Im Krankenhaus solle man auf eine Obduktion drängen und, falls nötig, bei einem Verdacht auf eine tödliche Nebenwirkung die Polizei verständigen, um eine Obduktion durchzusetzen.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass es nicht nur im Fall von AstraZeneca zu Nebenwirkungen kam: Jüngst meldeten israelische Medien, dass mehrere Dutzend Menschen nach der Impfung mit BioNTech/Pfizer an einer Herzmuskelentzündung erkrankt seien. BioNTech erklärte am Mittwoch jedoch, dass man bisher keine Hinweise auf gehäufte Fälle dieser Herzmuskelentzündung habe.
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