von Stephan Fein
Die FDP mit ihren 80 Abgeordneten macht im Bundestag laute Oppositionspolitik gegen Schwarz-Rot und reicht auch mal eine Verfassungsklage gegen die bundesweite "Corona-Notbremse" in Karlsruhe ein. Die seit Samstag gültigen Ausgangssperren seien ein tiefer Grundrechtseingriff, der nur auf nackten Inzidenzzahlen beruhe, sagte FDP-Parlamentsgeschäftsführer Marco Buschmann in Berlin. Völlig außer Acht gelassen würden dabei, ob die Inzidenzen auf diffuse Ausbrüche oder auf bestimmte Cluster zurückgingen.
Anders reagiert die FDP auf Landesebene, etwa in Hessen. Da haben die Mitglieder der Frankfurter FDP der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit den Grünen, der SPD und der proeuropäischen Kleinpartei Volt zugestimmt.
Der Bundes-FDP etwas näher steht Brandenburgs FDP-Chefin und Anwältin Linda Teuteberg: Sie fordert "Verhältnismäßigkeit und Impfturbo statt autoritärer Symbolpolitik", hält nächtliche Ausgangssperren für nicht verhältnismäßig und kritisiert die anhaltende Konzeptlosigkeit der Kenia-Koalition in ihrem Bundesland. Damit kritisiert sie genau jene Parteien, die mit der FDP in Schleswig-Holstein regieren.
In Rheinland-Pfalz sitzt die FDP bereits seit Mai 2016 in einer Ampelkoalition mit SPD und Grünen auf der Regierungsbank. Schwierig, wenn man ab Herbst mit der Union regieren will, wie im Bund von Christian Lindner propagiert.
Die FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag besteht aus elf Abgeordneten. Bei der Landtagswahl 2018 gelang ihnen mit knappen 5,1 Prozent der Wiedereinzug ins Maximilianeum. Der weithin unbekannte Landeschef Daniel Föst soll nun die FDP Bayern als Spitzenkandidat unter dem Motto "Mission Mutausbruch" in die Bundestagswahl führen. Anwältin Katja Hessel als Listenzweite bezeichnete diese als "Richtungswahl", denn da entscheide sich, ob Deutschland zu einer "Chancenrepublik" werde. Konkreter wird die Nürnbergerin nicht. Koalitionspartner? Noch offen.
In Nordrhein-Westfalen spielen die Liberalen für die im Bund bekämpfte CDU von Armin Laschet Zünglein an der Waage. Wo die Reise der FDP in der Etappe hingeht, ist also nicht einheitlich zu sagen.
Sie gilt vielen, die unzufrieden sind mit der Corona-Politik der Bundesregierung, und denen die Grünen zu versponnen, die Linken zu doktrinär und die AfD zu sehr rechts unterwandert ist, als Alternative und ist in den Umfragen bundesweit bei über zwölf Prozent gelistet – Tendenz steigend. Doch wofür steht die Partei im jeweiligen Land?
Sie ist in elf deutschen Landesparlamenten vertreten, sitzt in dreien auf der Regierungsbank. Zudem stellt sie eine Reihe von Oberbürgermeistern, etwa in Dresden, Jena, Dessau-Roßlau und Plauen und über 3.000 weitere kommunale Mandatsträger. Die meisten Sitze hat sie in NRW mit 28, gefolgt von Baden-Württemberg mit 18 und Berlin mit 12.
Auch während der Pandemie, in der viele Menschen und Unternehmen auf Staatshilfen angewiesen sind, will die FDP weniger Staat. Der Parteivorsitzende Christian Lindner will weniger Bürokratie, ein Digitalministerium und den "Föderalismus in Bildungsfragen" hinterfragen. Hartz IV soll durch ein Bürgergeld ersetzt, Umweltschutz durch Innovation erreicht werden. Die Abgabenbelastung für Arbeitnehmer solle auf unter 40 Prozent gesenkt werden. Den Spitzensteuersatz will die Partei schrittweise erst ab einem Einkommen von 90.000 Euro. Der Soli soll ganz weg, die steuerliche Belastung von Unternehmen auf rund 25 Prozent gesenkt werden. 60 Milliarden Euro sollen so dem Bürger zugeführt werden.
Das ist in etwa dieselbe Menge, die die Grünen durch Steuern und Abgaben in die Umwelt investieren wollen. In Talk-Runden ist die FDP meist auf das Gesicht von Wolfgang Kubicki aus Kiel oder auf das des Westfalen Linder reduziert.
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