Beim Bundesverfassungsgericht sind mittlerweile mehr als 65 Verfahren wegen der sogenannten Corona-Notbremse des Bundes anhängig. Eine genaue Angabe über die aktuelle Zahl der Eingänge sei nicht möglich, weil ständig neue hinzukommen könnten, teilte ein Sprecher am Montag in Karlsruhe mit. Er machte keine Angaben dazu, wann mit einer Entscheidung zu rechnen sein könnte. Unklar ist zudem, ob Kläger zunächst Verwaltungsgerichte anrufen und sich dann durch die Instanzen klagen müssen.
Der Bochumer FDP-Bundestagsabgeordnete Olaf in der Beek sagte dazu: "Wir erleben hier gerade, wie ein Gesetz, das die Regierung mit weitesten Befugnissen ausstattet, im absoluten Eilverfahren durch das Parlament gepeitscht werden soll". In der Beek fügte ferner an, dass eine fundierte parlamentarische Beratung in vier Tagen "quasi unmöglich" sei. Gegen die Regierung erhebt er schwere Vorwürfe: "Es ist seit Monaten sichtbar: Dieser Bundesregierung ist das Parlament lästig geworden und das ganze Verfahren, das mithilfe der Fraktionen von Union und SPD durchgedrückt werden soll, ist eine Zumutung."
Die FDP im Bundestag dringt ebenfalls auf eine schnelle Klärung der umstrittenen Corona-Notbremse vor dem Bundesverfassungsgericht. "Wir werden morgen die Verfassungsbeschwerde vorstellen, und es ist geplant, dass sie noch heute im Laufe des Tages in Karlsruhe eingereicht wird", sagte Marco Buschmann, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP im Bundestag, am Montag in Berlin.
"Die coronabezogenen Grundrechtseingriffe für geimpfte Personen müssen so schnell wie möglich auf ein Minimum gesenkt werden", forderte Buschmann vor dem Impfgipfel von Bund und Ländern zudem. Nach dem Stand der Wissenschaft seien geimpfte Personen weder für sich noch für andere eine Gefahr, "und deshalb entfällt auch die Begründung, ihre Grundrechte einzuschränken", so Buschmann.
Bundestag und Bundesrat hatten die umstrittene Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes vergangene Woche abgesegnet. Sie sieht bundeseinheitliche Regeln für Regionen vor, in denen bestimmte Corona-Kennzahlen überschritten werden. Demnach gelten unter anderem Ausgangsbeschränkungen von 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr in Städten oder Kreisen, in denen binnen einer Woche 100 oder mehr Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner festgestellt werden. An den Regeln, die einen Flickenteppich verhindern sollen, gibt es viel Kritik.
Manche Klagen richten sich gegen das gesamte Maßnahmenpaket, andere nur gegen einzelne Punkte. Unter den Klägern sind die Gesellschaft für Freiheitsrechte, Politiker verschiedener Parteien und Anwälte. Die FDP wollte ihre Verfassungsbeschwerde noch im Laufe des Montags in Karlsruhe einreichen. Sie hatte wiederholt erklärt, Maßnahmen wie eine Ausgangssperre und andere Eingriffe in Grundrechte seien unverhältnismäßig und teils auch wirkungslos.
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(rt de/dpa)