Der Bundestag hat die Änderung des Infektionsschutzgesetzes verabschiedet. Nach einer hitzigen Debatte in der zweiten und dritten Lesung stimmte eine Mehrheit von 342 der Bundestagsabgeordneten für den von der Bundesregierung vorgeschlagenen Entwurf. 250 stimmten dagegen, 64 enthielten sich.
Nach der Verabschiedung durch den Bundestag muss die Gesetzesänderung noch vom Bundesrat bestätigt werden. Allerdings muss die Länderkammer nicht aktiv zustimmen, da es sich um ein "Einspruchsgesetz" handelt. Da das Gesetz jedoch direkt in den Handlungsspielraum der Länder eingreift, hätte der Bundesrat, die Vertretung der Länder, jedoch ein Recht darauf, einen Einspruch einzulegen. Die Bundesratssitzung ist für morgen angesetzt. Nach dem Votum des Bundesrats muss Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier noch seine Unterschrift unter den Gesetzesentwurf setzen, damit dieser rechtskräftig wird.
Durch die Änderung des Infektionsschutzgesetzes wird die Bundesregierung ermächtigt, über die sogenannte "Bundes-Notbremse" einen bundesweiten Lockdown zu verhängen. Bislang oblag die Umsetzung von Lockdowns den Landesregierungen.
Die "Bundes-Notbremse" sieht vor, dass ab einem Inzidenzwert von 100 in einzelnen Kreisen und Städten Ausgangssperren zwischen 22 und 5 Uhr verhängt werden können. Als weitere Maßnahme sind Treffen nur noch mit einer haushaltsfremden Person gestattet, einschließlich dazugehörender Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres. Der Einzelhandel muss in großen Teilen wieder geschlossen werden. Verbindliche Schulschließungen gelten ab einem Sieben-Tage-Inzidenzwert von 165.
Gegen die Änderung des Infektionsschutzgesetzes fanden im Laufe des Tages mehrere Demonstrationen in Berlin statt. Eine Demonstration mit mehr als 8.000 Teilnehmern auf der Straße des 17. Juni nahe des Brandenburger Tors wurde von der Polizei aufgelöst. Als Begründung wurde die Nichteinhaltung der Infektionsschutzverordnungen wie Abstandsgebot und das Tragen von Mund-Nasen-Masken genannt.
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