Seit Dienstag sind auch die rund 35.000 Hausärzte bundesweit in die Corona-Massenimpfungen eingebunden, doch der Impfstart verlief eher holprig. Einer der Gründe für den schleppenden Start der Corona-Impfungen bei Hausärzten liegt in der geringen Anzahl an Impfdosen, die die Praxen bisher erhielten: Ulrich Weigelt, der Chef des Hausärzteverbandes, erklärte dem RBB Inforadio, dass es bisher nur rund 20 Impfdosen pro Praxis und Woche gebe. Dies sei "ein bisschen wenig".
Zahlreiche Hausärzte beklagen zudem den hohen bürokratischen Aufwand, der mit den Corona-Impfungen verbunden ist. Guido Pukies, Facharzt für Innere Medizin und Impfarzt in Neuss, sagte dem Morgenecho auf WDR 5, dass seine Praxis in der ersten Woche nur 24 Impfdosen zur Verfügung habe, seine Mitarbeiter und er aber mit 26 Abrechnungsziffern konfrontiert seien. In der Praxis schlage man sich nun mit dem Ausfüllen von Rezepten herum: Um den Impfstoff in der Apotheke zu bestellen, hätten sein Team und er eineinhalb Stunden gebraucht.
Auch der Internist Thomas Aßmann aus Lindlar erklärte der Rheinischen Post, dass der Impfstart "seit 20 Jahren der schlimmste Tag" in seiner Praxis gewesen sei, obwohl er bisher keine einzige Impfdosis erhalten habe. Er habe jedoch etliche Fragen rund um das Impfen beantworten und den Impfprozess organisieren müssen. Zudem habe das Telefon nicht mehr stillgestanden. Auch zwei Hausärzte aus Monheim kritisieren, dass der bürokratische Aufwand an der Realität vorbeigehe, da bei der Corona-Impfung jeder Vorgang seitenweise dokumentiert werden müsse.
Außerdem stehe erst am Donnerstag fest, wie viele Impfdosen die Praxen in der Folgewoche bekommen, was das Vorausplanen extrem schwierig mache. Zudem müsse man dauernd Patienten absagen, die noch nicht an der Reihe sind. Auch Pukies kritisiert den hohen Dokumentationsaufwand der Impfungen: Für das Robert Koch-Institut und für Pressemeldungen sei es zwar schön, zu sehen, wer wann und wo geimpft wurde. Dem Einzelnen bringen diese Informationen aber wenig.
Finanziell lohnen sich die Corona-Impfungen für die Ärzte jedoch: Für eine Erst- oder Zweitimpfung gibt es 20 Euro, bei Hausbesuchen kommen 35 Euro dazu. Für eine telefonische "Impfberatung" können zehn Euro abgerechnet werden, für ein "Impfzeugnis" für Schwangere oder chronisch Kranke werden fünf Euro fällig. Im Vergleich zu den Pauschalen, die ein Arzt pro Patient für ein ganzes Quartal abrechnen kann, ist dies finanziell gesehen vorteilhaft für die Hausärzte.
Doch während die Hausärzte mit den Corona-Impfungen viel zu tun haben, sieht es in den Privatarztpraxen anders aus: Da der Impfstoff derzeit knapp ist, sind diese nach einer Entscheidung des Bundesgesundheitsministeriums bei den Massenimpfungen derzeit außen vor. Bei den betroffenen Privatärzten sorgt dies für Unmut. Der Privatarzt Matthias Keilich aus Berlin erklärte RT DE, dass es für ihn unverständlich sei, dass Hausärzte, die rein privat tätig sind, nicht mit Impfstoff beliefert werden:
"Es gibt für mich hier keinen plausiblen, nachvollziehbaren Grund. Viele meiner Patienten möchten sich sehr gerne impfen lassen und wurden nun bitter enttäuscht, dass dies nicht durch mich möglich ist, da sie nach den ersten Ankündigungen sehr darauf gehofft hatten, nun endlich bei mir geimpft werden zu können."
Man könnte die Corona-Impfungen laut Keilich aber beschleunigen, wenn man Privatärzte mit in die Impfungen einbinde. Da rund zehn Prozent der deutschen Bevölkerung rein privat versichert seien, könne man die Geschwindigkeit der Corona-Impfungen rein statistisch gesehen um zehn Prozent steigern. Bisher ist aber noch unklar, ab welchem Zeitpunkt auch Privatärzte an den Corona-Impfungen beteiligt werden. Der Verband der privaten Krankenversicherungen (PKV) hat diesbezüglich aber bereits eine Anfrage an das Bundesgesundheitsministerium gerichtet. Keilich regte im Interview zudem an, die Logistik des Impfprozesses zu verbessern. Es sei fragwürdig, dass bis zum Dienstag einer bestimmten Zeit die Impfungen für die nächste Woche bestellt werden müssen:
"Es wäre durchaus möglich, die Impfungen gegen SARS-CoV-2 ebenso wie die gegen Influenza einzeln zu verpacken, sodass man nicht mindestens immer sechs Patienten zeitgleich eintakten muss, damit kein Impfstoff verworfen wird. Es wäre deutlich besser, wenn man auch einzelne Impfdosen bestellen oder zumindest verimpfen könnte und nicht immer ein ganzes Fläschchen mit sechs Impfdosen anbrechen muss, welches, wenn es nicht binnen Stunden verimpft werden kann, entsorgt werden muss."
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