Die Frage nach der Kanzlerkandidatur brodelt in der Union – Armin Laschet oder Markus Söder, CDU-Vorsitzender oder CSU-Vorsitzender, NRW-Ministerpräsident oder Bayerns Ministerpräsident? Nach Ostern soll die Entscheidung fallen. Im Interview mit der Bild-Zeitung gibt sich Markus Söder gelassen: "In der Ruhe liegt dabei die Kraft."
Söder kann sich in seiner Gelassenheit auf zahlreiche Umfragen stützen, die ihn in der Zustimmung der Bevölkerung weit vor Laschet sehen. Der bayerische Ministerpräsident hebt das auch hervor: "Umfragen spielen natürlich eine Rolle. Sie sind ein wichtiger Maßstab für die Akzeptanz von Personen und Programmen in der Bevölkerung." Insgesamt gehe es aber um "Verantwortung für Deutschland" und nicht "um die Frage von zwei Personen und deren persönliche Ambitionen". Es gehe um nicht weniger als "die Zukunft der Union und des gesamten Landes".
Deutlich macht Söder hingegen, dass es ohne Angela Merkel nicht funktionieren werde:
"Ein Unions-Kandidat kann ohne Unterstützung von Angela Merkel kaum erfolgreich sein."
Der CSU-Vorsitzende streicht damit die Schlüsselrolle heraus, die Merkel nach wie vor in der Union besitzt. Nur ein "gemeinsamer Wahlkampf mit der Bundeskanzlerin" könne erfolgreich sein. Daher müsse auch "die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur [...] eng mit Angela Merkel abgestimmt werden".
Bundesweiter harter Lockdown als "klare Linie in der Corona-Politik"
Insbesondere "in der Corona-Politik" verfolge die Kanzlerin "den richtigen Kurs der Vorsicht und der Umsicht". Söder selbst orientiert sich an einer "klaren Linie in der Corona-Politik" mit "Weitsicht statt eines ständigen Hin und Her". Er habe aber Verständnis für die Sorgen und die Anspannung der Menschen – auch für die Enttäuschung etwa bezüglich des Impfens und Testens. Er verspricht: "Das wird besser werden."
Söder empfiehlt "einen einheitlichen bundesweiten Pandemieplan" anstelle eines "Flickenteppichs mit unüberschaubaren Regeln in den einzelnen Bundesländern" – schließlich liege Corona "wie eine dunkle Wolke über unserem Land":
"Wir brauchen eine einheitliche konsequente Anwendung der Notbremse über einer Inzidenz von 100: Ausgangsbeschränkungen, Testpflicht in den Schulen sowie eine flächendeckende FFP2-Masken-Pflicht."
Zudem solle überlegt werden, "ob ein erneuter kurzer, aber dafür konsequenter Lockdown nicht der bessere Weg wäre als ein halbherziges und dafür endloses Corona-Konzept, das die Zahlen der Neuinfektionen auch nicht wirklich reduziert hat". Söder hat da eine klare Vorstellung, obwohl er einräumt, das werde "auch wieder schwer":
"Lieber kurz und konsequent als lange hin und her. Umfragen zeigen deutlich, dass dies auch dem Großteil der Bevölkerung lieber wäre."
Union drängt auf zügige Entscheidung in der Kanzlerkandidatenfrage
Aus der Union mehren sich die Stimmen, die auf eine schnelle Klärung der Kanzlerkandidatenfrage drängen. Bei der Welt meldete sich Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) mit dem klaren Appell zu Wort, "gleich nach Ostern" die personellen Fragen zu klären. Die gesunkenen Umfragewerte der Union deuteten darauf hin, dass es der Union "ganz offensichtlich" nicht bekomme, diese Frage noch offen zu haben.
Seehofer skizziert, was die Union seiner Meinung nach jetzt brauche:
"Erstens eine Strategie. Wo stehen wir inhaltlich, und mit wem könnten wir koalieren? Zweitens: Sie brauchen authentische Politiker, Frauen und Männer."
Drittens brauche die Union ein knackiges Zukunftsprogramm. Wenn das alles passe, könne "ein Kanzlerkandidat kämpfen" und auch die Partei, "denn sie weiß für was und für wen".
Obwohl die Union laut aktuellen Umfragen bei gerade einmal 26 bis 27 Prozent der Stimmen liegt, glaubt der ehemalige CSU-Vorsitzende Seehofer an einen großen Erfolg:
"Wir haben ein Riesenpotenzial, wir haben es im Kreuz, wieder in den 30-Prozent-Turm vorzustoßen, am liebsten bis nahe an die 40-Prozent-Marke."
Schwarz-Grün oder Schwarz-Gelb?
Aber auch bei einem solchen Ergebnis wäre die Union auf einen Koalitionspartner angewiesen. Dabei könnte die Frage nach dem Kanzlerkandidaten auch eine Rolle spielen: NRW-Ministerpräsident Laschet regiert zusammen mit der FDP, Söder hingegen orientiert sich an den Grünen.
Im Interview wird Söder gefragt, wie er das Grundsatzprogramm der Grünen einschätze. Söder lässt dieses unbeeindruckt, es solle "in erster Linie Fridays for Future beeindrucken".
"Die Wahrheit ist, dass die Grünen sehr pragmatisch werden, wenn es ums Regieren geht. In Hessen werden große Straßen gebaut, und in Baden-Württemberg kämpft der grüne Ministerpräsident für den Dieselmotor. Die Grünen passen ihr Programm jederzeit flexibel der Realität an. Hauptsache regieren. Und wenn sie die Chance sehen, ins Kanzleramt einzuziehen, werden sie es tun – ob mit einer Ampel oder der Linkspartei."
Söder gibt sich aber ebenso pragmatisch. Gefragt nach Schwarz-Grün oder Schwarz-Gelb äußert er:
"Wir setzen gemeinsam auf Sieg. Es geht darum, dass ohne die Union nicht regiert werden kann."
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