Mehr als fünf Jahre nach Bekanntwerden des Dieselskandals verlangt der VW-Konzern von seinem früheren Chef Martin Winterkorn und vom Ex-Audi-Chef Rupert Stadler Schadenersatz im Zusammenhang mit dem Dieselskandal. Dies teilte das Unternehmen am Freitag nach einer Sitzung des Aufsichtsrats mit.
Volkswagen erklärte, man werde die beiden ehemaligen Top-Manager nun "wegen aktienrechtlicher Sorgfaltspflichtverletzungen auf Schadenersatz in Anspruch nehmen". Welches finanzielle Ausmaß die Forderungen haben könnten, stand zunächst nicht fest. Im Fall anderer VW-Vorstandsmitglieder seien dagegen keine Verstöße festgestellt worden, meldet die dpa.
Gegenstand der Untersuchungen war, ob Winterkorn, Stadler und möglicherweise auch noch weiteren damaligen Führungskräften vor dem Auffliegen der Affäre im September 2015 fahrlässige Management- und Kontrollversäumnisse vorzuwerfen sind.
Nach den Untersuchungen steht nach Überzeugung des Aufsichtsrates fest, dass es der damalige Vorstandsvorsitzende Winterkorn in der Zeit ab dem 27. Juli 2015 unterlassen hatte, die Hintergründe des Einsatzes unzulässiger Softwarefunktionen für Dieselmotoren unverzüglich und umfassend aufzuklären, die zwischen 2009 und 2015 in Nordamerika verkauft worden waren. Außerdem hätte es Winterkorn unterlassen, dafür zu sorgen, dass die in diesem Zusammenhang von den US-Behörden gestellten Fragen umgehend wahrheitsgemäß und vollständig beantwortet wurden.
Zum Fall Stadlers erklärte der Konzern, dieser habe es ab Ende September 2016 unterlassen, dafür zu sorgen, dass von Audi entwickelte größere Dieselmotoren – sie waren zusätzlich auch in Pkw-Autos der Marken VW und Porsche eingebaut – "im Hinblick auf unzulässige Softwarefunktionen untersucht werden". Bei den Töchtern Audi und Porsche sollen den Angaben zufolge zudem Schadenersatzforderungen gegen die Ex-Manager Ulrich Hackenberg, Stefan Knirsch und Wolfgang Hatz geltend gemacht werden.
Winterkorn war vor gut fünfeinhalb Jahren von seinem Amt als VW-Chef zurückgetreten, kurz nachdem der Abgasskandal von US-Behörden und -Wissenschaftlern aufgedeckt worden war. Er hatte betont, sich keines Fehlverhaltens bewusst zu sein.
Mitte September soll in Braunschweig der Prozess gegen Winterkorn und vier weitere, teils ehemalige Führungskräfte wegen mutmaßlichen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs beginnen. Das Landgericht hatte den Beginn wegen der Corona-Lage kürzlich verschoben. Stadler steht wegen einer möglichen Mitverantwortung bei den manipulierten Abgaswerten bereits vor dem Münchner Landgericht. Volkswagen hatte auf Druck der US-Umweltbehörden vor fünfeinhalb Jahren zugegeben, millionenfach Diesel-Abgaswerte durch eine Abschalteinrichtung in der Motorsteuerung manipuliert zu haben.
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